Für Peggy Elfmann war es ein Schock, als ihre Mutter im Alter von 55 Jahren an Alzheimer erkrankte. In der Hoffnung für mehr Austausch zu sorgen, etablierte die Journalistin einen Blog und hat jetzt ihr erstes Buch „Mamas Alzheimer und wir“ veröffentlicht. Anlässlich des Welt-Alzheimertages haben wir mit Peggy Elfmann gesprochen, wie sie und ihre Familie mit der Erkrankung leben und umgehen.
Am 21. September ist Welt-Alzheimertag – welche Bedeutung hat dieser Tag für Sie?
Peggy Elfmann: Eigentlich habe ich mir über diesen Tag nie besonders viele Gedanken gemacht. Doch seitdem meine Mutter vor zehn Jahren an Alzheimer erkrankt ist, finde ich es wichtig, besonders zu diesem Ereignis die Aufmerksamkeit anderer zu gewinnen. Es sind so viele Menschen weltweit von Alzheimer betroffen, deshalb müssen wir viel mehr über die Krankheit sprechen.
Ist dies auch der Grund, weshalb Sie sich dem Thema verschrieben haben?
Ich habe an mir und meiner Mama erlebt, dass es noch immer viele Vorurteile und Vorbehalte über Alzheimer gibt und sich Betroffene und Angehörige nicht trauen darüber zu reden. Aber nur, wenn wir sprechen und uns austauschen, können wir das vorherrschende Schreckensbild ändern und zeigen, dass Alzheimer vielfältig ist und verschiedene Facetten hat.
Wie haben Sie herausgefunden, dass Ihre Mutter an Alzheimer erkrankt ist?
Meine Mutter war damals sehr jung – gerade mal 55 Jahre alt, als sie die Diagnose bekam. Niemand wäre zu diesem Zeitpunkt von Alzheimer ausgegangen. Auffällig waren nicht unbedingt Gedächtnislücken. Meine Mutter hatte sich sehr stark zurückgezogen, was für sie sehr ungewöhnlich war. Außerdem fielen ihr Aufgaben, die sie früher mit Leichtigkeit bewältigt hatte, immer schwerer, etwa ihre Unterrichtsvorbereitungen als Lehrerin. Nach mehreren Besuchen beim Neurologen bekamen wir dann die Diagnose Alzheimer.
Welche Tipps haben Sie für Angehörige mit dieser Situation umzugehen?
Das allerwichtigste ist eine offene Kommunikation in der Familie und nach außen. Wie geht es uns allen mit der Erkrankung, wie können wir der betroffenen Person am besten helfen? Was wünscht sich der Mensch mit Demenz? Für mich war es tatsächlich am schwierigsten zu akzeptieren, dass ich nicht alleine meiner Mutter helfen und sie heilen kann. Ich hatte immer Angst, dass ich nicht genügend geben kann und zu wenig für sie in dieser schwierigen Zeit da bin. Mir hat sehr geholfen, mich mit anderen betroffenen Familien außerhalb der eigenen Verwandtschaft auszutauschen, zum Beispiel in Social-Media-Gruppen oder bei Angehörigentreffen. Zuhören und unterstützen ist das Wichtigste in dieser Situation!
Was denken Sie, wie erleben Alzheimerkranke Ihre Umwelt?
Ich denke, dass der Frustrationsgrad bei Menschen mit Alzheimer oft sehr hoch ist, wenn wir ihnen nicht gut begegnen. Erkrankte leben in ihrer ganz eigenen Welt, nehmen diese aber ganz klar war und sind dann gekränkt, dass sie im „richtigen“ Leben nicht anerkannt werden.
Wie geht man als pflegender Angehöriger mit einer solchen Situation um?
In solchen Momenten kann es auch mal ratsam sein, sich aus dem Konflikt rauszunehmen und einmal tief durchzuatmen. Man muss immer im Hinterkopf behalten, dass in diesem Moment die erkrankte Person nicht böswillig handelt. Manchmal hilft es sehr, sich Auszeiten zu nehmen. Sollte es häufig zu Überlastungen kommen, empfehle ich, sich die Unterstützung eines Pflegediensts oder Pflegeheims aufzusuchen.
Was kann man als Angehöriger tun, damit es der erkrankten Person besser geht?
Als Angehöriger kann und sollte man sich informieren. Man kann Ratgeber oder Blogs lesen, Podcasts hören oder Filme anschauen – hauptsache man setzt sich mit dem Thema auseinander. Wenn man über verschiedene Verhaltensweisen oder Veränderungen informiert ist, kann man besser helfen und es fällt einem leichter damit umzugehen. Und dann kommt es aber natürlich immer darauf an, auf die Person mit Demenz in ihrer Situation einzugehen, deren Bedürfnisse zu sehen und dann zu handeln. Gut ist, wenn man sich da von festen Vorgaben lösen und kreative Möglichkeiten nutzen kann. Zum Beispiel: Wenn der Mensch mit Demenz nicht gerne duscht, bringt es meist nichts, darauf zu beharren oder es erzwingen zu wollen. Hilfreicher ist es, wenn man mit kleinen Tricks zum Duschen motivieren kann, etwa dabei ein Liedchen vom Meer singt oder die Haare mit einer Waschhaube wäscht.
Inwieweit färbt die Erkrankung Ihrer Mutter auf Sie ab? Haben Sie Angst an Demenz zu erkranken?
Natürlich kommt es vor, dass ich auch hin und wieder mal etwas vergesse. Ich versuche aber nicht direkt in Panik auszubrechen, sondern das Hier und Jetzt zu leben.
Viel stärker achte ich hingegen bei Freunden und älteren Menschen auf deren Verhalten. Wenn man ein Familienmitglied mit Alzheimer hat, wird man in dieser Hinsicht doch sehr sensibel. Und ich gehe bewusster und dankbarer mit meinem Leben um. Ich kann es mehr wertschätzen als früher!