Warum schreiben glücklich macht

11.10.2019

8 Minuten Lesedauer

Warum schreiben glücklich macht

Wenn Michaela Lambertz nicht in der KORIAN-Einrichtung Curanum Hennef-Mitte arbeitet, wird sie zur Romanautorin Pia Wunder. Ihre Bücher begeistern tausende von Leserinnen und Lesern.

Wenn Michaela Lambertz alias Pia Wunder über ihre Anfänge als Autorin nachdenkt, spiegelt ihr Gesicht binnen Sekunden alle Gefühlszustände wider, die sie bei ihrer Feuertaufe erlebt hat: Stress, Stolz, Erschöpfung, Glück. „Es kam alles zusammen. Ich hatte meinen ersten Roman fertiggestellt und wir wollten in den Urlaub. Ausgerechnet nach Amerika“, erzählt sie, als ob es gestern gewesen wäre. „Dann hat das Hochladen der Datei bei Amazon nicht funktioniert, ich hatte kaum ein Auge zugemacht, als ich um 5 Uhr morgens in den Flieger eingestiegen bin“.

Einen Tag später und jenseits des großen Teichs klappte sie ihren Laptop auf und checkte, wie der Start ihres ersten Buches ausgefallen war und konnte es kaum glauben. Binnen kürzester Zeit hatten Tausende ihr Buch heruntergeladen. „Das war einfach unglaublich und ich konnte den Urlaub von da an genießen. Ich habe mir aber auch gesagt: ‚Nie wieder so ein Druck‘.“ Heute, gut vier Jahre später, hat sie bereits drei Bücher veröffentlicht, ein weiteres in Angriff genommen und mindestens noch eines im Kopf.

Der Weg zur Buchautorin

„Ich hatte eigentlich immer Lust zu schreiben, tue das auch schon seit der Kindheit. Meine Lieblingssituation in der Schule war es, wenn der Lehrer uns einen Satz vorgegeben hat und wir eine Geschichte daraus machen sollten“, erzählt sie und die Worte sprudeln.

Ihrem Talent entsprechend studierte sie Sprachen: Japanisch, Englisch und Volkswirtschaft in Bonn, später noch Marketing. Aber die Zeit, sich dem Eigentlichen, nämlich dem Niederschreiben der Worte, zu widmen, die unabhängig von der Lebenssituation immer wieder und einfach so in ihr entstehen, wurde knapper und knapper. Zu arbeiten, als Alleinerziehende zwei Söhne großzuziehen, den Haushalt zu führen, all das wurde dagegen zu viel.

2014 folgte der Zusammenbruch. „Mir ging es gesundheitlich sehr schlecht, ich war in der Reha und habe gemerkt, dass ich für alle funktioniere, aber für mich selbst gar keine Zeit habe“, sagt sie und wieder unterstreicht Ihre Mimik das Erzählte.

Der Familienrat gab grünes Licht und fortan ließ es Michaela Lambertz sich nicht mehr nehmen zu schreiben. Sie hatte mit „Pulsbeschleuniger“ bereits ein Buch angefangen und nun ging sie das Werk systematisch an, aus dem wenig später eine dramatische Liebes-Geschichte entstand.

Sie ließ eine Fortsetzung folgen und begann 2017 mit den Recherchen zu ihrem dritten Buch. Und geriet aus privaten Gründen erneut an die Grenzen der Belastbarkeit. Der Anruf einer Bücherei, ob sie anlässlich der geplanten Buchausstellung eine Lesung veranstalten könne, war der Wendepunkt. „Wenn ich mich entschieden habe, etwas anzugehen, ziehe ich das auch durch“.

Von Michaela Lambertz zu Pia Wunder

Warum Pia Wunder? „Ich habe immer gesagt, dass ich zurückkomme nach Hennef, wenn ich mal Familie gründe, weil es hier so schön ist. Aber hier kennen mich so viele und das Pseudonym hatte zunächst die Funktion, dass es nicht so peinlich gewesen wäre, wenn das Buch als totaler Flop geendet hätte“, gibt sie zu.

Zudem ging sie aber auch von sich selbst aus – als Leserin. Und diese mag es, sich ein Buchcover anzusehen, das Autorenbild und den Namen zu studieren und zu mutmaßen, was sich dahinter für ein Schreibstil verbirgt. „Ich wollte, dass das Pseudonym etwas Positives erweckt in den Menschen.“

Das tut es definitiv. Sie wird nicht nur als Pia Wunder angesprochen, sondern hat mit ihren Büchern richtiggehend Erfolg. Selbst wenn der tausendfache Download beim Debüt auch der Tatsache geschuldet war, dass er zunächst kostenlos war („Anfängerfehler“), stimmen die Zahlen – vor allem für jemand, der nebenbei im Eigenverlag Bücher herausbringt.

„Früher habe ich davon geträumt, dass das ein Hauptjob für mich wäre. Jetzt ist es eben so, dass mir mein Hauptjob hier bei KORIAN die Miete finanziert, mit meinem Mini-Job fülle ich den Kühlschrank und das Schreiben sichert mir den Kuchen“, sagt sie, lacht, und ergänzt, „es ist zwischenzeitlich sogar Urlaub drin“.

Geschichten für die Bewohner in Hennef-Mitte

Die Auseinandersetzung mit der Mutter, der Kriegs- und Nachkriegsthematik hat übrigens nicht nur bei ihr viele Emotionen ins Rollen gebracht. Interessanterweise auch bei den Bewohnern in der KORIAN-Einrichtung in Hennef-Mitte. Michaela Lambertz ist in der Verwaltung beschäftigt, für Abrechnungen, Verträge und Taschengeld zuständig, „aber das Menschliche und der Kontakt zu den Bewohnern ist mir auch sehr wichtig“.

So kam es, dass sie Lesungen im Hennefer Seniorenheim veranstaltete. „Vielen Menschen hier ist das alles so ähnlich selbst passiert, deshalb ging es ihnen auch so nahe. Der Krieg und seine traumatischen Folgen sind bis heute ein prägendes Thema.“

Ihrem Ziel, der Leidenschaft mehr Leine zu geben, kommt sie in kleinen Schritten stetig näher. „Klar muss ich mir die Zeit immer noch stehlen, aber es entwickelt sich.“ Die Kinder sind groß, die Lesergemeinde wächst und vor allem hat sie die beruhigende Erfahrung gemacht, dass sie es kann: Geschichten erfinden und zu Büchern zu machen, die gemocht, ja gar geliebt werden.

Was sie schreiben muss, das sagt ihr schon ihr Inneres. „Ich hatte neulich eine Idee, aber es floss nicht. Bis ich gemerkt habe, dass ich erst einen anderen Stoff angehen muss.“ Es wird nochmal eine Auseinandersetzung mit der eigenen Biografie. Pia Wunder ist noch lange nicht fertig.

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Zuletzt Aktualisiert am: 23.02.2024

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