Vorsorgevollmacht

26.01.2024

16 Minuten Lesedauer

Vorsorgevollmacht

Pflegebedürftige Personen können häufig nicht mehr selbst Entscheidungen treffen, zum Beispiel bei einer Demenz. Sie sind dafür auf andere Personen angewiesen. Was viele nicht wissen: Weder Ehepartner noch Kinder bekommen automatisch ein Entscheidungsrecht. Eine Ausnahme stellt hier das sogenannte Ehegattennotenvertretungsrecht für Eheleute dar, die sich in medizinischen Themen für maximal sechs Monate vertreten können.
Besser ist: Sie regeln Ihre Angelegenheiten mit entsprechenden Vollmachten vorab selbst. Das wichtigste Dokument, um eine Vorsorge zu treffen, ist die Vorsorgevollmacht.

In diesem Artikel erfahren Sie: Was ist eine Vorsorgevollmacht? Wie erstellt man eine Vorsorgevollmacht, damit sie rechtlich gültig ist? Was sollte man beim Erstellen beachten? Für wen ist eine Vorsorgevollmacht sinnvoll? Was unterscheidet eine Vorsorgevollmacht von einer Patientenverfügung und Betreuungsverfügung?

Was ist eine Vorsorgevollmacht?

Mit einer Vorsorgevollmacht können Sie eine andere Person damit bevollmächtigen, in Ihrem Namen und für Sie Entscheidungen zu treffen. Das kann etwa notwendig sein, wenn Sie aufgrund von einer Krankheit, einem Unfall oder anderen Umständen nicht mehr in der Lage sind, selbstständig Entscheidungen zu treffen.

Eine Vorsorgevollmacht bezieht sich in der Regel auf rechtliche, finanzielle, medizinische und persönliche Angelegenheiten. Beispiele: Verwalten von Bankgeschäften, Kündigung von Verträgen, Einwilligung in Operationen, Wahl eines Pflegeheims.
Man kann eine Generalvollmacht erstellen, die alle diese Bereiche abdeckt. Sie können sich aber auch für verschiedene Vollmachten entscheiden, die nur für einzelne Bereiche gelten. Diese können dann verschiedenen Personen erteilt werden, statt nur einer

Vorsorgevollmacht vs. Betreuungsverfügung: Was ist der Unterschied?

Vorsorgevollmacht und Betreuungsverfügung werden häufig miteinander verwechselt. Beides sind rechtliche Dokumente, die dazu dienen, die Interessen und Wünsche einer Person in Situationen der Geschäftsunfähigkeit oder rechtlichen Handlungsunfähigkeit zu schützen.

Mit der Vorsorgevollmacht können Sie eine oder mehrere Vertrauenspersonen einsetzen und auch festlegen, welche Angelegenheiten die Person oder die Personen regeln sollen. Sie selbst behalten dabei weitgehend Kontrolle über Entscheidungen, die in Ihrem Namen getroffen werden.

Bei der Betreuungsverfügung hingegen wird ein rechtlicher Betreuer oder eine Betreuerin festgelegt. Falls Sie Ihre Angelegenheiten nicht mehr regeln können, wird in einem Gerichtsverfahren eine Person bestimmt, die einen Betreuer bestellt. Sie können in der Verfügung festlegen, wer als rechtlicher Betreuer oder Betreuerin bestellt werden soll, und über welche Bereiche diese Person entscheiden können soll.

Für wen ist eine Vorsorgevollmacht sinnvoll?

Kurz gesagt: für (fast) jeden. Viele Menschen beginnen erst im Alter oder bei Krankheit sich Gedanken über Vertretungsfragen zu machen und eine Vollmacht zu erstellen. Aber idealerweise sollte jede Person über 18 Jahre eine Vorsorgevollmacht besitzen. Denn Krankheit oder Unfall kann man sich nicht aussuchen – jeder und jede kann unvorhergesehen in eine Situation kommen, in der er oder sie nicht mehr selbst entscheiden kann. Familienangehörige sind nicht automatisch bevollmächtigt (Ausnahme Ehepartner in medizinischen Belangen, für maximal sechs Monate).

Was passiert, wenn man keine Vorsorgevollmacht hat?

Wenn Sie keine Vorsorgevollmacht erstellt haben und plötzlich nicht mehr in der Lage sind, Entscheidungen zu treffen, kann es zu rechtlichen und bürokratischen Herausforderungen kommen. Wenn Sie weder eine Vorsorgevollmacht noch eine Betreuungsverfügung haben, wird das Gericht in solchen Fällen einen rechtlichen Betreuer bestimmen, der in Ihrem Namen Entscheidungen trifft. Dieser Prozess kann zeitaufwändig und teuer werden. Möglicherweise führt er nicht zu den gewünschten Ergebnissen. Mit einer Vorsorgevollmacht können Sie die Kontrolle über Ihre Angelegenheiten behalten: Sie stellt sicher, dass Ihre Wünsche respektiert werden, auch wenn Sie nicht in der Lage sind, sie selbst umzusetzen.

Wie erstellt man eine Vorsorgevollmacht?

Bei der Erstellung einer Vorsorgevollmacht sollten Sie die folgenden vier Schritte beachten. Muster-Dokumente stellen sicher, dass Sie keine wichtigen inhaltlichen Punkte vergessen.

  1. Auswahl Bevollmächtigte: Zunächst müssen Sie auswählen, wem Sie die Vollmacht erteilen möchten. Das kann eine oder auch mehrere Personen sein. Der bzw. die Bevollmächtigten sollten Vertrauenspersonen sein und sie sollten in der Lage sein, verantwortungsvoll und in Ihrem besten Interesse zu handeln. Rechtliche Voraussetzung: Die Person muss mindestens 18 Jahre alt sein.
  2. Inhalte festlegen: Der nächste Schritt besteht darin, den Umfang der Vollmacht festzulegen. Dies kann finanzielle und medizinische Entscheidungen, den Zugriff auf Bankkonten und andere wichtige Angelegenheiten umfassen. Es ist wichtig, die gewünschten Befugnisse und Einschränkungen klar und deutlich zu definieren und im Vorfeld mit der bevollmächtigten Person zu besprechen.
  3. Formulieren des Dokuments: Die Vorsorgevollmacht muss schriftlich verfasst werden. Sie sind an keine bestimmte Form gebunden; es ist aber ratsam, ein vorformuliertes Muster zu nutzen oder sich an einer Vorlage zu orientieren. So stellen Sie sicher, dass alle rechtlichen Anforderungen erfüllt sind. Sie können das Dokument auch Mithilfe von Rechtsanwältin oder Rechtsanwalt erstellen lassen. Eine Vollmacht als Muster zum Download gibt es beim Bundesjustizministerium.
    Das Online-Tool der Verbraucherzentralen ist mehr als ein Muster – damit können Sie die Vorsorgevollmacht direkt online erstellen.
  4. Unterschreiben und beglaubigen lassen: Damit das Dokument gültig ist, müssen Sie es unterschreiben. Am besten unterschreiben die Bevollmächtigten ebenfalls. In bestimmten Fällen kann es notwendig sein, das Dokument von einem Notar beglaubigen zu lassen. Dies sollten Sie in jedem Fall tun, wenn die Geschäftsfähigkeit bereits angezweifelt wird (etwa durch eine Demenzdiagnose), es Streit in der Familie gibt oder ein umfangreiches Vermögen. Banken verweigern häufig die Anerkennung privater Vorsorgevollmachten. Eine Beglaubigung oder eine gesonderte Bankvollmacht beugen dem vor.

Worauf sollte man beim Erstellen einer Vorsorgevollmacht achten?

Beim Erstellen einer Vorsorgevollmacht sollten Sie einige Dinge beachten:

  • Formulieren Sie die Befugnisse des Bevollmächtigten klar und eindeutig, um Missverständnissen zu vermeiden. Am besten nutzen Sie dazu eine Vorlage, die Sie nur ankreuzen und ausfüllen müssen, oder halten sich beim Schreiben an ein Muster (zum Muster des Bundesjustizministeriums).
  • Falls Sie mehrere Personen wählen, halten Sie fest, für welche Bereiche die einzelnen Personen zuständig sind. Sind mehrere Personen für die gleichen Bereiche zuständig, sollten Sie darauf achten, dass jede Person auch allein entscheiden darf. Andernfalls müssten sie immer gemeinsam auftreten: Ist das nicht möglich oder herrscht kein Konsens, können keine Entscheidungen getroffen werden.
  • Wählen Sie nur Personen als Bevollmächtigte, denen Sie voll und ganz vertrauen.
  • Überprüfen Sie die Vollmacht regelmäßig und aktualisieren Sie diese, sofern sich die Umstände oder Ihre Wünsche verändern.

Brauche ich zusätzlich eine Patientenverfügung?

Eine Vorsorgevollmacht beinhaltet in der Regel auch, dass die bevollmächtigte Person in medizinischen Angelegenheiten entscheidet. Dennoch ist es ratsam, zusätzlich zur Vorsorgevollmacht eine Patientenverfügung zu erstellen.

Die Patientenverfügung ist ein eigenständiges Dokument, in dem Sie Wünsche und Präferenzen für bestimmte medizinische Situationen festhalten, in denen Sie selbst nicht mehr entscheiden oder sich äußern können. Beispielsweise regeln Sie, welche medizinischen Behandlungen Sie nach einem schweren Unfall wünschen oder ablehnen, unter welchen Umständen lebenserhaltende Maßnahmen eingesetzt oder eingestellt werden sollen, und ähnliche medizinische Entscheidungen.

Eine Patientenverfügung dient dazu, sicherzustellen, dass Ihre eigenen medizinischen Wünsche respektiert werden, selbst wenn die Person die Entscheidung trifft, die Sie durch die Vorsorgevollmacht bevollmächtigt haben.

Ab wann hat die Vorsorgevollmacht Gültigkeit?

Eine Vorsorgevollmacht hat sofortige Gültigkeit. Sie können mit der bevollmächtigen Person allerdings regeln, dass diese erst davon Gebrauch macht, wenn Sie nicht mehr entscheidungsfähig sind. Dies sollten Sie in einem Extra-Dokument festhalten. Die Vollmacht endet in der Regel mit dem Tod des Vollmachtgebers (= Ihrem Tod, wenn es Ihre Vollmacht ist). Wenn Sie darüber hinaus möchten, dass die bevollmächtigte Person Ihre Angelegenheiten regelt (z. B. um den Nachlass kümmern), dann sollten Sie die Vollmacht als transmortale Vollmacht ausstellen.

Wie lässt sich eine Vorsorgevollmacht ändern?

Sie können Ihre Vorsorgevollmacht in der Regel jederzeit ändern oder widerrufen, solange Sie dazu in der Lage sind. Dazu sollten Sie die Änderungen am Original vornehmen und dieses schriftlich ergänzen. Alternativ können Sie ein neues Dokument erstellen.

Wichtig: Alle beteiligten Parteien müssen über die Änderungen informiert werden und neue Kopien an Ärzt:innen, Banken etc. verteilt werden.

Wo sollte eine Vorsorgevollmacht aufbewahrt werden?

Die Vorsorgevollmacht ist ein wichtiges Dokument. Es sollte deshalb an einem sicheren Ort aufbewahrt werden. Gleichzeitig sollten bevollmächtigte Personen leicht Zugang zu dem Dokument haben. Um in Ihrem Sinne Entscheidungen zu treffen, benötigen die Bevollmächtigten das Original oder eine beglaubigte Kopie.
Sie können das Dokument z. B. an eine der bevollmächtigten Personen übergeben und regeln, dass die Vollmacht nur im Bedarfsfall benutzt werden soll. Sie können das Dokument bei einer Anwältin oder einem Notar hinterlegen. Gegen eine Gebühr (zwischen 20 und 26 Euro) können Sie die Information über eine vorhandene Vollmacht im Zentralen Vorsorgeregister der Bundesnotarkammer hinterlegen lassen. Der Vorteil: Behandelnde Ärzte und Betreuungsgerichte sind schnell darüber informiert, dass eine Vollmacht vorhanden ist.
Hilfreich ist es außerdem, wenn Sie im Geldbeutel einen Hinweis auf eine vorhandene Vorsorgevollmacht und die Kontaktperson hinterlegt haben. Dazu können Sie die Notfallkarte der Verbraucherzentrale Hessen nutzen.

Vorsorgevollmacht – die wichtigsten Infos kompakt

Eine Vorsorgevollmacht ist ein wichtiges Dokument, das Ihnen ermöglicht, selbsttätig Vorsorge zu treffen für den Fall, dass Sie keine Entscheidungen mehr treffen können. Sie erlauben damit einer anderen Person für Sie zu entscheiden.
Überlegen Sie gut, welche Vertrauensperson Sie damit bevollmächtigen möchten. Wichtig ist, dass Sie Ihre Wünsche für Pflege und Unterstützung gut kommunizieren, damit die Person in Ihrem Sinne handeln kann.

Häufig gestellte Fragen zur Vorsorgevollmacht

Was ist eine Vorsorgevollmacht?

Mit einer Vorsorgevollmacht können Sie eine andere Person damit bevollmächtigen, in Ihrem Namen und für Sie rechtliche, finanzielle, medizinische oder persönliche Entscheidungen zu treffen. Das kann etwa notwendig sein, wenn Sie aufgrund von einer Krankheit, einem Unfall oder anderen Umständen nicht mehr in der Lage sind, selbstständig Entscheidungen zu treffen.

Wann ist eine Vorsorgevollmacht notwendig?

Wenn man selbst nicht mehr in der Lage ist, Entscheidungen für sich zu treffen, zum Beispiel durch Krankheit. Mit einer Vorsorgevollmacht können Sie eine Person bevollmächtigen, die Entscheidungen in Ihrem Sinne trifft (z. B. Kündigung von Verträgen, Einwilligung in Operation, Wahl eines Pflegeheims). Idealerweise sollte jede Person über 18 Jahre eine Vorsorgevollmacht besitzen.

Ist eine Vollmacht auch ohne Notar gültig?

In bestimmten Fällen kann es notwendig sein, das Dokument von einem Notar beglaubigen zu lassen. Dies sollten Sie in jedem Fall tun, wenn die Geschäftsfähigkeit bereits angezweifelt wird (etwa durch eine Demenzdiagnose), es Streit in der Familie gibt oder ein umfangreiches Vermögen vorliegt – also Situationen, in denen rechtliche Auseinandersetzungen über die Gültigkeit der Vollmacht drohen könnten. Banken verweigern häufig die Anerkennung privater Vorsorgevollmachten. Eine Beglaubigung oder eine gesonderte Bankvollmacht beugen dem vor.

Was ist der Unterschied zwischen einer Patientenverfügung und einer Vorsorgevollmacht?

Eine Patientenverfügung regelt ausschließlich medizinische Angelegenheiten, eine Vorsorgevollmacht umfasst zusätzlich weitere Lebensbereiche. In der Vorsorgevollmacht können Sie ebenfalls medizinische Belange aufführen – es macht jedoch Sinn, eine zusätzliche Patientenverfügung aufzusetzen, um diese Angelegenheiten detaillierter festzuhalten.

Ist eine Vorsorgevollmacht auch eine Bankvollmacht?

Prinzipiell kann eine Vorsorgevollmacht auch enthalten, dass eine bevollmächtigte Person finanzielle Geschäfte regeln darf. In der Praxis akzeptieren viele Banken diese Art von Vollmacht aber nicht – sie verlangen stattdessen eine zusätzliche Bankvollmacht (für alle Bankgeschäfte) oder eine Kontovollmacht (für ein bestimmtes Konto).

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Zuletzt Aktualisiert am: 20.02.2024

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