Wenn eine Person pflegebedürftig wird, sind zahlreiche Fragen zu klären: Wie viel Unterstützung braucht der oder die Pflegebedürftige? Reicht eine ambulante Pflege? Und was soll bei einem medizinischen Notfall geschehen? Noch komplexer wird die Situation, wenn Betroffene sich nicht mehr selbst äußern oder eigene Entscheidungen treffen können. Damit auch dann die individuellen Wünsche berücksichtigt werden, sollte jede Person die dezidierten Vorstellungen für kritische Situationen festlegen und dokumentieren – solange er oder sie noch handlungs- und artikulationsfähig ist. Das passende Werkzeug dazu ist die Vollmacht beziehungsweise Verfügung.
Vollmacht oder Verfügung – was ist der Unterschied?
Wer eine Vollmacht ausstellt, ernennt einen Stellvertreter oder Stellvertreterin, eine bevollmächtigte Person, die für ihn oder sie entscheiden und handeln kann. Jede voll geschäftsfähige, also in der Regel volljährige, Person kann eine Vollmacht oder Verfügung ausstellen und wiederum jede geschäftsfähige Person als Stellvertretung einsetzen.
Eine Vollmacht bezieht sich auch auf Situationen, in denen die vollmachtgebende Person selbst noch entscheidungsfähig ist. Eine Verfügung bezieht sich auf Situationen, in der sie dies nicht mehr ist.
Die einfachste Form der Vollmacht halten wir wohl alle regelmäßig in der Hand: Auf der Benachrichtigungskarte eines Paketdienstes können wir Dritten erlauben, unser Päckchen abzuholen. Rechtlich gesehen ist das eine Vollmacht. Für Menschen, die im Alter nicht mehr mobil sind, empfehlen sich zum Beispiel Vollmachten für Bankgeschäfte und Behördengänge.
Drei Arten von Vollmachten
Es gibt verschiedene Arten von Vollmachten. Ein Überblick:
- Die Vollmacht zum Päckchenabholen ist eine sogenannte spezielle Vollmacht, die allein zum Ausführen einer einzelnen Aktion bevollmächtigt.
- Eine Gattungsvollmacht berechtigt zum Ausführen einer bestimmten Art von Rechtsgeschäften.
- Am umfassendsten ausgestaltet ist eine Generalvollmacht, mit der die bevollmächtigte Person sämtliche Rechtsgeschäfte ausführen kann.
Für schwerwiegende Entscheidungen wie risikoreiche medizinische Eingriffe, Heimunterbringungen oder Haushaltsauflösungen reicht allerdings eine Generalvollmacht allein nicht aus – hier muss auch die betroffene Person zustimmen.
Vollmachten und Verfügungen im Alter
Das entscheidende Dokument im Rahmen der Pflegevorsorge im Alter ist die Vorsorgevollmacht. Damit beauftragt man eine oder mehrere Personen, Entscheidungen für einen selbst zu treffen. Dabei gibt es einen großen Gestaltungsspielraum: Die Vollmacht kann für eine einzelne Angelegenheit gelten oder aber auch für sämtliche anstehenden Entscheidungen.
Im Gegensatz zu anderen Vollmachten tritt die Vorsorgevollmacht erst dann in Kraft, wenn betroffene Personen die genannten Entscheidungen nicht mehr selbst treffen können.
Patientenverfügung und Betreuungsverfügung
Wer eine umfassende Vorsorgevollmacht vermeiden möchte, kann eine Betreuungsverfügung ausstellen. Mit dieser wird eine Person des Vertrauens als Betreuung definiert – für einen Zeitpunkt, an dem man selbst keine Entscheidungen mehr treffen kann. Die Wahl dieser Person ist auch für ein möglicherweise eingeschaltetes Betreuungsgericht bindend.
Landläufig vielleicht am bekanntesten ist die Patientenverfügung. In dieser wird festlegt, welche medizinischen Maßnahmen ein Patient oder eine Patientin in kritischen Situationen will – und welche nicht. Das beinhaltet auch lebenserhaltende Maßnahmen in bestimmten medizinischen Notfällen.
Vollmachten unter Ehepartnern
Grundsätzlich benötigen auch Eheleute eine Vollmacht. Man kann in einer Notsituation nicht automatisch für den Partner oder die Partnerin entscheiden – der rechtliche Status als Ehepaar reicht dafür allein nicht aus.
Im Jahr 2023 hat der Gesetzgeber eine Notfallregelung für Eheleute definiert, das sogenannte Ehegattenvertretungsrecht. Dieses gilt allerdings nur im medizinischen Bereich und nur begrenzt auf sechs Monate. Mehr dazu lesen Sie in unserem Artikel zum Ehegattenvertretungsrecht.
Was muss in einer Vollmacht oder Verfügung stehen?
Sowohl Vollmachten wie auch Verfügungen müssen bestimmte formale Anforderungen erfüllen. Definitiv sollten sie schriftlich ausgestellt werden. Das ist gesetzlich zwar nicht vorgeschrieben – aber wenn jemand in Ihrem Namen handeln soll, muss er oder sie die Vollmacht oder Verfügung natürlich vorlegen können.
Achtung: Vollmacht oder Verfügung sind nur im Original gültig. Deshalb sollten sie bei einer Person des Vertrauens oder sogar bei einem Notar oder Notarin hinterlegt werden. Eine notarielle Beglaubigung ist nicht notwendig.
Ein praktischer Tipp: Legen Sie eine schriftliche Notiz in Brieftasche oder Portemonnaie, dass es entsprechende Dokumente gibt und wo sie hinterlegt sind.
Außerdem sollte eine Vollmacht oder Verfügung folgende Angaben enthalten:
- eindeutige Bezeichnung der ausstellenden Person. Neben dem Namen sollten Geburtsdatum und -ort genannt werden, eventuell auch Adresse oder Personalausweisnummer
- eindeutige Bezeichnung der stellvertretenden Person
- genaue Beschreibung der Rechtsgeschäfte, für die die Vollmacht oder Verfügung ausgestellt wird. Hier möglichst konkret werden, damit keine Missverständnisse aufkommen
- Dauer der Gültigkeit
- Unterschrift und Datum
Zentrales Vorsorgeregister
Vollmacht oder Verfügung können beim zentralen Vorsorgeregister der Bundesnotarkammer registrieren werden. Damit wird aktenkundig, dass ein entsprechendes Dokument vorliegt. So wird sichergestellt, dass beispielsweise eine Pflege-Vollmacht auch zur Kenntnis genommen wird. Die Dokumente können im Zentralen Vorsorgeregister nicht hinterlegt werden. Das Vorsorgeregister ist ein kostenpflichtiger Service der Bundesnotarkammer.
Auf der Internetseite des Bundesjustizministeriums finden sich außerdem nützliche Vorlagen, die beim Gestalten von Vollmachten oder Verfügungen helfen.
Vollmacht und Verfügung in der Pflege – ein Fazit
Wer auch im Pflegefall ein selbstbestimmtes Leben führen will, sollte sich rechtzeitig um die richtige Vorsorge kümmern. Ab einem bestimmten Alter sollte im Grunde jeder Mensch eine Vorsorgevollmacht oder eine Betreuungsverfügung haben. Andernfalls riskiert man, dass im Falle eines Falles eine fremde Betreuungsperson vom Gericht bestellt wird.
Nach einem schweren Unfall oder bei einer lebensbedrohlichen Krankheit möchten manche Menschen auf lebenserhaltende Maßnahmen verzichten. Damit solche Wünsche respektiert werden, ist eine Patientenverfügung notwendig.
Auch wenn es hierbei um nicht immer angenehme Themen geht, ist es in jedem Fall sinnvoll, sich rechtzeitig mit der Vorsorge im Alter zu beschäftigen.
Häufig gestellte Fragen: Vollmacht und Verfügung in der Pflege
In Vollmachten und Verfügungen werden Personen als Stellvertretung genannt, die im Pflegefall oder bei medizinischen Notfällen Entscheidungen für einen Menschen treffen dürfen, wenn dieser das nicht mehr selbst kann. Vollmachten und Verfügungen können individuell nach den persönlichen Bedürfnissen gestaltet werden.
Es gibt verschiedene Vollmachten und Verfügungen. In Alter und Pflege relevant sind drei Arten: (1) Die Vorsorgevollmacht bemächtigt eine bevollmächtigte Person im eigenen Namen zu handeln. Die Vollmacht kann sich auf konkrete einzelne oder auf alle zu treffenden Entscheidungen beziehen. (2) In der Betreuungsverfügung wird eine stellvertretende Person bestimmt, die im Notfall Entscheidungen übernehmen kann. Sind weder (1) noch (2) vorhanden, kann ein Betreuungsgericht eine Betreuungsperson bestimmen. (3) Die Patientenverfügung definiert ganz konkret, welche medizinische Versorgung sich ein Mensch in einer lebensbedrohlichen Situation wünscht.
Vollmachten und Verfügungen sollten schriftlich erstellt werden. Sie gelten nur im Original und sollten im Original bei einer Person des Vertrauens hinterlegt werden. Enthalten müssen sie die eindeutige Benennung der ausstellenden und der stellvertretenden Person. Außerdem sollte exakt beschrieben sein, welche Rechte übertragen werden. Die Dauer der Gültigkeit sollte genannt werden, unbedingt müssen Unterschrift und Datum enthalten sein.
Ja, auch Eheleute brauchen Vollmachten. Der Status als Ehepaar gibt einem grundsätzlich keine Rechte, wenn der Partner oder die Partnerin nicht mehr entscheidungsfähig ist. Eine Ausnahme stellt das Ehegattenvertretungsrecht dar, das ausschließlich in medizinischen Fragen und nur für einen Zeitraum von sechs Monaten gilt.
Eine Vorsorgevollmacht und eine Betreuungsverfügung sind zu empfehlen, um im Alter, im Pflegefall oder in Notsituationen nicht zu riskieren, dass eine Betreuungsperson vom Betreuungsgericht bestellt wird. Außerdem empfiehlt sich für jeden Erwachsenen ab einem bestimmten Alter eine Patientenverfügung, um bei Unfall oder lebensbedrohlicher Krankheit, eine Behandlung nach den eigenen Wünschen zu gewährleisten.
https://www.pflege.de/pflegegesetz-pflegerecht/vollmachten-verfuegungen/
https://www.aok.de/pk/magazin/pflege/pflegende-angehoerige/welche-vollmachten-sollten-pflegende-angehoerige-haben/
https://www.pflegeberatung.de/beratung-planung/vollmachten-verfuegungen
https://www.bmj.de/DE/service/formulare/form_vorsorgevollmacht/form_vorsorgevollmacht_node.html
https://www.bundesaerztekammer.de/bundesaerztekammer/patienten/patientenverfuegung
https://www.verbraucherzentrale.de/wissen/gesundheit-pflege/aerzte-und-kliniken/vorsorgevollmacht-und-betreuungsverfuegung-warum-sie-so-wichtig-sind-46972
https://www.stiftung-gesundheitswissen.de/gesundes-leben/patient-arzt/patientenverfuegung-vorsorgevol