Wir werden immer älter – ein Glück auf der einen Seite, ein Risiko auf der anderen: Immer mehr Menschen werden in Zukunft in Deutschland auf Pflege angewiesen sein. Die Kosten dafür kann die gesetzliche Pflegeversicherung darum nur zum Teil tragen. Den Rest müssen Betroffene selbst finanzieren.
Doch mit einer Pflegezusatzversicherung können Sie sich gegen eventuelle Versorgungslücken absichern. Wir erklären Ihnen, wann Sie handeln sollten und wie Sie von der Pflegezusatzversicherung profitieren.
Was ist die Pflegezusatzversicherung?
Wer pflegebedürftig wird, erhält Leistungen aus der gesetzlichen Pflegeversicherung. Wer sich darüber hinaus absichern möchte, kann sich über eine private Zusatzversicherung für den Pflegefall finanziell gegen darüberhinausgehende Pflegekosten absichern.
Die Leistungen aus Ihrem gesetzlichen Basisschutz werden dann mit Leistungen aus ihrer Zusatzversicherung ergänzt. In der Regel richtet sich der Umfang beider Versicherungsleistungen nach der Höhe des Pflegegrads.
Ist eine Pflegezusatzversicherung sinnvoll?
Diese Frage lässt sich nur individuell beantworten, denn viel hängt von der eigenen finanziellen und sozialen Situation ab. Sie können sich für ein erstes Abwägen die folgenden Fragen stellen. Dabei sollten Sie realistisch antworten, auch wenn es nicht immer leicht fällt:
- Haben Sie Vermögen oder steht Ihnen eine gute Rente in Aussicht?
- Haben Sie Angehörige, die bereit und in der Lage sind, Sie finanziell zu unterstützen oder Sie selbst privat zu pflegen?
- Ist es Ihnen wichtig, nicht Ihre gesamten Lebensersparnisse zu verbrauchen, um möglicherweise noch etwas zu vererben?
Grundsätzlich gilt: Das Risiko, einmal selbst pflegebedürftig zu werden steigt mit zunehmender Lebenserwartung an. Je höher das Lebensalter, desto wahrscheinlicher eine Pflegebedürftigkeit – mit entsprechenden Kosten.
Eine Pflegezusatzversicherung kann Ihnen diese Sorge abnehmen. Es ist aber auch zu bedenken, dass Sie Beitragsprämien zahlen müssen, die oft steigen. Auch das kann zur Belastung werden. Denn die Verträge bestehen ein Leben lang. Darum ist es wichtig, gut abzuwägen, ob und wann ein solcher Schritt für Sie in Frage kommt.
Verbraucherzentralen empfehlen die Pflegezusatzversicherung erst ab einem Alter von ca. 50 Jahren, weil die oben genannten Fragen für jüngere Menschen oft schwer zu beantworten sind.
Was kostet eine Pflegezusatzversicherung?
Die Kosten der Pflegezusatzversicherung variieren deutlich und hängen von Alter, Gesundheitszustand und gewünschtem Leistungsangebot ab. Staatlich geförderte Verträge wie die besonders günstige Pflege-Bahr-Versicherung können für Menschen mit Vorerkrankungen sinnvoll sein, da hier der Gesundheitszustand auf die Prämienlöhne keinen Einfluss hat – aber das Alter. Der monatliche Mindestbetrag, den Versicherte zahlen müssten, liegt bei 10 Euro. Laut Verbraucherzentralen haben diese staatlich geförderten Versicherungen allerdings vergleichsweise schlechte Vertragsbedingungen und am Ende werden recht geringe Beträge ausgezahlt.
Daneben gibt es weitere Versicherungsmodelle, bei denen Sie deutlich mehr zahlen müssen. Generell sollten Sie Verträge mit hohen Leistungen abschließen – dann ist allerdings auch der zu zahlende Beitrag entsprechend hoch. Es gibt auch die besonders teuren Pflegerentenversicherungen – eine Kombination aus Versicherungsschutz und Sparvorgang. Siehe dazu unten mehr.
Welche Möglichkeiten der Absicherung gibt es für den Pflegefall?
Für die Absicherung im Pflegefall gibt es private Pflegezusatzversicherungen, die über den gesetzlichen Versicherungsschutz hinaus absichern. Das sollten Sie wissen:
Der gesetzliche Versicherungsschutz
Die Höhe der gesetzlichen Pflegeversicherung hängt davon ab, wie stark Selbständigkeit und Fähigkeiten Betroffener eingeschränkt sind. Diese wird in fünf Pflegegraden kategorisiert. Tritt ein Pflegefall ein, wird der Pflegegrad auf Antrag und nach einer Begutachtung durch einen medizinischen Dienst von der Pflegekasse bescheinigt.
Die monatliche Summe hängt vom Pflegegrad ab – aber auch davon, ob eine Pflege durch Angehörige erfolgen kann oder ob professionelle Fachkräfte diese übernehmen, zu Hause oder in einer vollstationären Pflegeeinrichtung. Das Geld, das von der gesetzlichen Pflegeversicherung ausgezahlt wird, deckt aber nicht alle Pflegekosten ab. Es gibt eine Versorgungslücke, die Sie als Eigenanteil zahlen müssen. Diese private finanzielle Zusatzbelastung unterscheidet sich nach Art der Unterbringung – ein Überblick:
Gesetzliche Leistung bei professioneller Pflege zu Hause | Schätzung für möglichen Eigenanteil
|
Gesetzliche Leistung bei vollstationärer Pflege im Heim | Schätzung für möglichen Eigenanteil | |
Pflegegrad 1 | 0 Euro | 150 Euro | 0 Euro | 1.500 Euro |
Pflegegrad 2 | 761 Euro | 600 Euro | 770 Euro | 1.500 Euro |
Pflegegrad 3 | 1.432 Euro | 1.300 Euro | 1.262 Euro | 1.500 Euro |
Pflegegrad 4 | 1.778 Euro | 2.600 Euro | 1.775 Euro | 1.500 Euro |
Pflegegrad 5 | 2.200 Euro | 2.600 Euro | 2.005 Euro | 1.500 Euro |
Quelle für Schätzungen: Finanztest 07/2023, S. 82, ohne Kosten für Wohnen und Verpflegung[1]
Zur Erklärung: In Pflegeheimen werden ab dem Pflegegrad 2 die Kosten mit einem einheitlichen Betrag je Bewohner berechnet. Die Höhe der Kosten für ambulante Pflegedienste variiert – auch regional.
Achtung: Die Kosten werden in den kommenden Jahren sehr wahrscheinlich ansteigen. Beachten Sie also, dass die Übersicht nur der groben Orientierung dient.
Die private Pflegezusatzversicherung
Die Leistungen und Kosten von privaten Pflegezusatzversicherungen unterscheiden sich, da es sich um Angebote privater Versicherungsunternehmen handelt. Eine Ausnahme bildet der Pflege-Bahr-Vertrag, weil es eine gesetzlich geförderte Versicherung ist.
Die Angebote werden in drei Arten unterteilt:
- Die Pflegetagegeldversicherung
zahlt im Pflegefall ein festgelegtes Pflegetagegeld, über das Sie frei verfügen können. Die Höhe wird bei Vertragsabschluss festgelegt. Bei der geförderten Pflege-Bahr-Versicherung entscheidet allein das Alter über die Beitragshöhe. - Die Pflegerentenversicherung
funktioniert ähnlich wie eine Lebensversicherung. Sie sparen mit Ihrer Prämie Geld an und erhalten im Pflegefall eine lebenslange Pflegerente oder eine Einmalzahlung. Die Höhe der Auszahlung steigt mit dem Erfolg der Beiträge am Kapitalmarkt. - Die Pflegekostenversicherung
erstattet je nach gewähltem Modell im Pflegefall die nachgewiesenen Restkosten bei professioneller Pflege zu Hause oder im Heim, die nicht durch die gesetzliche Versicherung abgedeckt werden. Welche Pflegeleistungen davon abgedeckt sind, wird bei Vertragsabschluss genau geregelt.
Welche Vor- und Nachteile haben private Pflegezusatzversicherungen?
Um Ihnen eine grobe Einschätzung über die möglichen Vor- und Nachteile zu geben, haben wir hier einige Faktoren zusammengestellt. Prüfen Sie jedoch jedes Versicherungsangebot individuell.
Mögliche Vor- und Nachteile | Pflegetagegeld- versicherung |
Pflegerenten- versicherung |
Pflegekosten- versicherung |
Ist eine umfassende Absicherung gegeben? | Je nach Beitragshöhe | NEIN | JA, möglich |
Können Beiträge steigen? | JA | NEIN, Festschreibung möglich | JA, aber abgesichert |
Können Ansprüche bei Kündigung verfallen? | JA | Nur zum Teil | JA |
Kann die Prämienzahlung ausgesetzt werden? | Häufig nicht | JA | NEIN |
Beeinflusst eine Gesundheits-prüfung die Beitragshöhe? | JA (außer bei Pflege-Bahr) | JA | JA |
Ist die Erstattung an Verwendung gebunden? | NEIN | NEIN | JA |
Ist die Versicherung kostengünstig? | JA | NEIN | Je nach Tarif |
Quelle: Verbraucherzentrale.de
Was hilft bei der Entscheidung für eine Pflegezusatzversicherung?
Ob eine Pflegezusatzversicherung sinnvoll ist, kann man nicht pauschal beantworten. Es gibt viele Faktoren, die eine Entscheidung beeinflussen. Lassen Sie sich vor der Wahl unbedingt individuell beraten.
Hilfreich bei der Wahl einer Versicherungsart sind auch folgende Fragen:
- Leistungsumfang: Wie ist der Leistungsumfang der Versicherung? Ab welchem Pflegegrad bzw. bei welcher Art der Pflege (stationär/zu Hause) zahlt sie und wieviel?
- Wartezeit: Gibt es eine Wartezeit nach Vertragsabschluss, bis man Leistungen erwarten kann?
- Pflegebedürftigkeit: Wer entscheidet über den Eintritt der Pflegebedürftigkeit – der Versicherer selbst anhand eigener Untersuchungen oder die Einstufung der gesetzlichen Pflegekasse?
- Beitragsfreiheit: Gilt Beitragsfreiheit, sobald die Pflegebedürftigkeit eintritt, oder müssen Beiträge weitergezahlt werden?
- Zahlung aussetzen: Können Prämienzahlungen ausgesetzt werden, falls Sie in finanzielle Engpässe geraten?
Machen Sie sich auch ein Bild davon, ob die geförderte Pflege-Bahr-Versicherung, die mit 5 Euro im Monat staatlich bezuschusst wird, für Sie in Frage kommt. Hier ist mit einer Wartezeit von 5 Jahren nach Vertragsabschluss zu rechnen, bevor Sie Leistungen aus der Versicherung erhalten können. Die Beitragshöhe ist außerdem stark vom Alter abhängig – dafür nicht von der gesundheitlichen Verfassung.
Pflegezusatzversicherungen – ein Fazit
Die Entscheidung für oder gegen eine Pflegezusatzversicherung ist sehr individuell und hängt von verschiedenen Faktoren ab, darunter Alter, Gesundheitszustand, aber auch die finanziellen Rücklagen und das soziale Netz.
Grundsätzlich lässt sich festhalten, dass durchschnittlich steigende Lebenserwartungen in Deutschland eine Pflegebedürftigkeit wahrscheinlicher machen – mit absehbaren Versorgungslücken trotz gesetzlicher Pflegeversicherung.
Lassen Sie sich im Zweifel individuell beraten. Die Verbraucherzentralen bieten unabhängige Beratung. Die Stiftung Warentest testet einzelne Pflegezusatzversicherungen.
Häufige Fragen
Die Pflegezusatzversicherung hilft, finanzielle Versorgungslücken zu schließen, wenn die Leistungen der gesetzlichen Pflegeversicherung im Pflegefall nicht ausreichen.
Für wen eine Pflegezusatzversicherung sinnvoll ist, hängt von der individuellen Lebenssituation und den eigenen Ressourcen ab. Doch grundsätzlich steigt in einer älter werdenden Gesellschaft für jeden das Risiko, im höheren Lebensalter pflegebedürftig zu werden.
Die Kosten für eine Pflegezusatzversicherung unterscheiden sich stark. Sie hängen vom Versicherungstyp, vom gewünschten Leistungsumfang, aber auch vom individuellen Versicherungsangebot ab, das in der Regel auf Basis von Gesundheitszustand und Alters gemacht wird.
Ob und wann man eine Pflegezusatzversicherung abschließen sollte, ist individuell sehr unterschiedlich. Zu bedenken ist, dass das Alter beim Vertragsabschluss in der Regel die Prämienhöhe beeinflusst. Andererseits sind individuelle Lebensmodelle und Ressourcen in jungen Jahren häufig noch nicht absehbar.
Wie lange man in die Pflegezusatzversicherung einzahlen muss, ist abhängig vom konkreten Vertrag. Es gibt die Möglichkeit einer Beitragsfreiheit: Das bedeutet, sobald die Pflegebedürftigkeit eintritt, zahlen Sie keine Beiträge mehr. Es gibt aber auch Verträge, in denen Sie trotzdem bezahlen müssen. Prüfen Sie das unbedingt im Vorfeld!
Quellen
https://www.verbraucherzentrale.de/wissen/gesundheit-pflege/pflegeantrag-und-leistungen/pflegezusatzversicherung-eine-sinnvolle-absicherung-fuers-alter-29435
https://www.verbraucherzentrale.de/wissen/gesundheit-pflege/pflegeantrag-und-leistungen/pflegezusatzversicherung-besser-mit-foerderung-abschliessen-54424
https://www.bundesgesundheitsministerium.de/service/begriffe-von-a-z/p/pflege-vorsorgefoerderung
https://www.allianz.de/gesundheit/pflegerentenversicherung/
https://www.pflege.de/pflegekasse-pflegefinanzierung/pflegeversicherung/pflegevorsorge/pflegezusatzversicherung/