Aphasie ist eine Sprachstörung, die durch eine Schädigung des Gehirns entsteht und die Kommunikationsfähigkeit beeinträchtigt. Betroffene können Probleme beim Sprechen, Verstehen, Lesen und Schreiben haben. Diese Herausforderungen können das tägliche Leben stark beeinflussen und zu Frustration und Isolation führen. In solchen Momenten sind die liebevolle Pflege und Unterstützung durch Angehörige von großer Bedeutung. Erfahren Sie, auf welche pflegerischen Maßnahmen es ankommt, welche Therapiemöglichkeiten es gibt und wie Sie als Pflegeperson zum Wohlbefinden Ihrer Angehörigen beitragen können.
Was ist Aphasie?
Aphasie ist eine Störung der Sprache und der sprachbezogenen Fähigkeiten, die durch eine Schädigung der Sprachzentren im Gehirn verursacht wird. Diese Schädigung kann durch verschiedene Ereignisse wie Schlaganfälle, Hirnverletzungen, Hirntumoren, neurodegenerative Erkrankungen, wie Multiple Sklerose, Demenz oder Infektionen des Gehirns entstehen.
Ursachen
Die Ursache für Aphasie ist oft mit Schädigungen in spezifischen Bereichen des Gehirns verbunden, die für die Sprachproduktion, Sprachverarbeitung und das Sprachverständnis verantwortlich sind. Schlaganfälle in den Gehirnbereichen, die für die Sprache wichtig sind, sind eine der häufigsten Ursachen für Aphasie.
Weitere Ursachen:
- Demenz
- Multiple Sklerose (MS)
- Schädel-Hirn-Trauma
- Hirntumor
- Eine Unterversorgung des Gehirns mit Sauerstoff
Diagnostik
Dafür gibt es verschiedene Test, mit deren Hilfe Ärzte, Logopäden, Psychologen und Linguisten das Vorkommen sowie den Schweregrad einer Aphasie diagnostizieren können, z. B. den Aphasie-Schnell-Test (AST) oder den Aachener-Aphasie-Test (AAT).
Symptome
Die Symptome von Aphasie können je nach Art, Ausmaß und Ort der Hirnschädigung variieren. Zu den häufigen Symptomen gehören Schwierigkeiten beim Sprechen, Verstehen, Lesen oder Schreiben. Betroffenen fällt es oft schwer, Wörter zu finden oder sie richtig zu verwenden, gesprochene oder geschriebene Sprache zu verstehen oder Grammatik- und Satzkonstruktionen korrekt zu bilden.
Verlauf
Der Verlauf einer Aphasie wird in eine akute, postakute und chronische Phase eingeteilt. Die Verläufe von Aphasie sind verschieden. Einige Personen erholen sich teilweise oder vollständig über die Zeit, während bei anderen die Sprachschwierigkeiten bestehen bleiben. Dies hängt vor allem von der Ursache der Erkrankung ab.
Pflegebedürfnisse bei Aphasie
Bei Aphasie treten spezielle Pflegebedürfnisse auf, die sich über verschiedene Situationen des alltäglichen Lebens erstrecken. Dazu zählen zum Bespiel:
- Kommunikation und Sprachunterstützung: Personen mit Aphasie benötigen Unterstützung und Geduld, um sich verbal auszudrücken oder Sprache zu verstehen. Pflegepersonen sollten klare und einfache Sätze verwenden, Geduld beim Zuhören zeigen und alternative Kommunikationsmethoden wie Bilder oder Gesten einsetzen.
- Alltagsbewältigung: Da die Fähigkeit zur verbalen Kommunikation eingeschränkt sein kann, benötigen Betroffene Hilfe bei alltäglichen Aufgaben wie dem Lesen von Anweisungen, dem Ausfüllen von Formularen oder dem Verstehen von Informationen.
- Soziale Unterstützung und Interaktion: Es ist wichtig, die soziale Isolation von Betroffenen zu vermeiden. Pflegepersonen sollten Möglichkeiten schaffen, um weiterhin soziale Interaktionen zu ermöglichen und die Teilnahme an Gesprächen oder sozialen Aktivitäten zu erleichtern.
- Psychische Unterstützung: Aphasie kann zu Frustration, Verwirrung oder Depressionen führen. Es ist wichtig, auf die emotionalen Bedürfnisse der Betroffenen einzugehen, indem man ihnen Unterstützung, Verständnis und Ermutigung bietet.
- Therapeutische Unterstützung: Regelmäßige Sprachtherapie und andere therapeutische Maßnahmen sind für Personen mit Aphasie entscheidend. Es sollte sichergestellt werden, dass die Betroffenen regelmäßig an diesen Therapien teilnehmen, um ihre Sprachfähigkeiten zu verbessern und das Potenzial für eine Wiederherstellung zu maximieren.
Durch eine ganzheitliche Herangehensweise, die sowohl physische als auch emotionale Aspekte berücksichtigt, können Pflegepersonen und Angehörige dazu beitragen, die Lebensqualität von Menschen mit Aphasie zu verbessern und ihnen dabei zu helfen, sich trotz der Sprachschwierigkeiten besser zu integrieren.
Medizinische Behandlung und Therapien
Je früher eine Aphasie erkannt wird, desto schneller kann mit der Behandlung begonnen werden, was sich wiederum auf den Behandlungserfolg auswirkt. Bei der Behandlung von Aphasie stehen verschiedene medizinische Therapien und Ansätze im Vordergrund, um die Sprachfähigkeiten und die Kommunikation zu verbessern. Folgend finden Sie die am häufigsten eingesetzten Behandlungs- und Therapieansätze:
- Sprachtherapie (Logopädie): Sprachtherapie ist die Hauptbehandlungsmethode für Aphasie. Spezialisierte Logopäd:innen arbeiten daran, die Sprachverarbeitung, das Sprachverständnis, die Sprechfähigkeiten und das Lesen und Schreiben zu verbessern. Regelmäßige Therapiesitzungen sind entscheidend.
- Kognitive Rehabilitation: Diese Therapie konzentriert sich darauf, kognitive Funktionen wie Aufmerksamkeit, Gedächtnis, Denken und Problemlösung zu verbessern. Angepasste Übungen können helfen, die kognitiven Fähigkeiten zu stärken, die für die Sprachverarbeitung wichtig sind.
- Pharmakologische Behandlungen: Obwohl es keine spezifischen Medikamente für die direkte Behandlung von Aphasie gibt, können bestimmte Medikamente, wie z. B. Psychostimulanzien, in einigen Fällen zur Verbesserung der Aufmerksamkeit und Konzentration eingesetzt werden.
Der Erfolg der Behandlung von Aphasie hängt stark von der individuellen Situation, dem Ausmaß der Gehirnschädigung sowie der Motivation der Betroffenen und ihrer Angehörigen ab. Eine frühzeitige und kontinuierliche Therapie kann dazu beitragen, die Sprachfähigkeiten zu verbessern und die Lebensqualität der Betroffenen zu steigern. Angehörige sollten aktiv an der Therapie teilnehmen und unterstützende Maßnahmen im Alltag umsetzen, um die Behandlungsergebnisse zu optimieren.
Pflegerische Maßnahmen bei Aphasie
Für Betroffene von Aphasie gibt es einige wichtige Aspekte zu beachten, um ihren Alltag zu bewältigen und die Lebensqualität zu verbessern. Ein einfühlsames und unterstützendes Umfeld trägt wesentlich dazu bei, dass Menschen mit Aphasie ihre Sprachfähigkeiten verbessern können und sich in ihrem Alltag besser zurechtfinden.
Die pflegerischen Maßnahmen sollten folgende Aspekte umfassen:
- Kommunikation im Alltag: Betroffene sollten Geduld mit sich selbst haben und sich nicht scheuen, alternative Kommunikationsmethoden wie Gesten, Bilder oder Apps zu nutzen, um sich verständlich zu machen. Auch das Umfeld darauf hinzuweisen, kurze und klare Anweisungen zu machen und um Geduld zu bitten, kann hilfreich sein.
- Ernährung: Es ist wichtig, eine ausgewogene Ernährung aufrechtzuerhalten. Angehörige sollten einfache Mahlzeiten anbieten und sicherstellen, dass Betroffene ausreichend Flüssigkeit zu sich nehmen. Wenn Schluckprobleme bestehen, können spezielle Techniken oder Anpassungen der Konsistenz der Nahrung erforderlich sein:
– Aufrechtes Sitzen
– keine Ablenkung
– ggf. pürierte und/oder stark zerkleinerte Kost
– ausreichendes Kauen
– ggf. Getränke andicken - Medikamenteneinnahme: Es ist wichtig, die ärztlich verordneten Medikamente regelmäßig und korrekt einzunehmen. Angehörige können dabei unterstützen sicherzustellen, dass Betroffene die richtigen Dosierungen erhalten und den Überblick über ihre Medikation behalten.
Selbstverständlich macht die Unterstützung durch Angehörige für Menschen mit Aphasie einen großen Unterschied im Alltag aus. Das können Sie bei der Kommunikation mit Aphasie-Patienten beachten:
- Geduld und Empathie: Zeigen Sie Geduld beim Zuhören und während des Gesprächs. Nehmen Sie sich Zeit, um die Botschaft zu verstehen und drängen Sie nicht auf schnelle Antworten. Empathie und Verständnis sind von großer Bedeutung.
- Klare Kommunikation: Verwenden Sie klare, einfache und kurze Sätze, um Ihre Botschaft zu vermitteln. Reden Sie in einem ruhigen und deutlichen Tonfall. Vermeiden Sie es, Betroffene zu unterbrechen oder für sie zu sprechen.
- Ermunterung zur Kommunikation: Ermutigen Sie Betroffene, sich zu äußern, auch wenn es anfangs schwierig ist. Loben Sie ihre Bemühungen und seien Sie ermutigend.
- Unterstützte Kommunikation: Dies beinhaltet den Einsatz alternativer Kommunikationsmethoden wie Bildkarten, Gesten, Kommunikationsgeräten oder Apps, um Menschen mit Aphasie bei der Verständigung zu unterstützen.
- Gesten und Visualisierung: Ergänzen Sie Ihre Worte mit Gesten oder visuellen Hinweisen, um die Kommunikation zu unterstützen. Zeigen Sie auf Objekte, verwenden Sie Bildkarten oder demonstrieren Sie Handlungen, um Verständnis zu erleichtern.
- Wiederholung und Bestätigung: Wiederholen Sie wichtige Informationen und ermutigen Sie Betroffene, ebenfalls zu wiederholen, was sie zu sagen versuchen. Bestätigen Sie das Verstandene, um sicherzustellen, dass die Botschaft korrekt übermittelt wurde.
- Geduldiges Zuhören: Zeigen Sie Interesse und geben Sie Betroffenen ausreichend Zeit, sich auszudrücken. Aktives Zuhören und Fragen, um Unklarheiten zu klären, können helfen.
- Unterstützung bei Alltagsaufgaben: Helfen Sie bei täglichen Aktivitäten, ohne die Eigenständigkeit der Betroffenen zu beeinträchtigen. Geben Sie Anleitung und Unterstützung, aber lassen Sie sie so viel wie möglich selbstständig tun.
- Gemeinsame Aktivitäten: Engagieren Sie sich in gemeinsamen Aktivitäten, die die Kommunikation erleichtern, wie z. B. Spiele spielen, Musik hören oder Spaziergänge machen.
- Unterstützung suchen: Suchen Sie professionelle Unterstützung, wie z. B. Logopädie oder Beratung, um weitere Tipps und Strategien zu erhalten, wie Sie die Betroffenen besser unterstützen können.
- Technologische Unterstützung: Die Verwendung von technologischen Hilfsmitteln wie sprachgesteuerte Geräte oder Tablet-Apps können Betroffenen helfen, ihre kommunikativen Fähigkeiten zu verbessern und im Alltag besser zurechtzukommen.
Beispiele für Kommunikationshilfen und Apps für das Smartphone:
- Book Creator
- Pictello
- PQ Talking Photo
- Fotobabble
- GoTalk Now
- Predictable Deutsch
- ChatAble Deutsch
Hilfreiche Ressourcen und Unterstützung
Nicht nur für Betroffene selbst ist eine Aphasie eine große Herausforderung. Auch die Familie und Angehörige müssen lernen, wie sie effektiv mit der Kommunikationsstörung umgehen können und Unterstützung erhalten, um die Pflegebedürfnisse ihrer geliebten Menschen zu erfüllen.
Sowohl für Aphasiker als auch deren Angehörige gibt es eine Vielzahl an niederschwelligen informativen und emotionalen Unterstützungsangeboten. Beratungsstellen bieten persönliche oder telefonische Beratung und versenden Informationsmaterial. In Selbsthilfegruppen finden Betroffene im Sinne der „Hilfe zur Selbsthilfe“ den Erfahrungsaustausch mit Gleichgesinnten. Gleichzeitig vertreten deren Bundes- und Landesverbände die Interessen von Menschen mit Aphasie gegenüber der Öffentlichkeit.
Gut zu wissen:
Leistungen von Selbsthilfegruppen gelten als wichtige Ergänzung zum Gesundheitssystem und werden von den Kostenträgern offiziell anerkannt. Krankenkassen sind nach § 20h SGB 5 verpflichtet diese zu fördern.
Bundesverband Aphasie e.V. – Bundesverband Aphasie e. V. (aphasiker.de)
Schlaganfall Hilfe – www.schlaganfall-hilfe.de
Beratungsstellen-Suche – https://www.zqp.de/beratung-pflege/
Netzwerk Selbsthilfe – Selbsthilfegruppen Pflegende Angehörige – Netzwerk Selbsthilfe (netzwerk-selbsthilfe.com)
Fazit
Liebevolle Pflege und Unterstützung sind essenziell für Menschen mit Aphasie. Angehörige können durch Geduld, klare Kommunikation und Unterstützung im Alltag einen positiven Einfluss auf das Leben der Betroffenen haben. Regelmäßige Therapien und die Einbindung von Technologie fördern die Sprachfähigkeiten und die Teilhabe am Alltagsleben. Selbstfürsorge, Geduld und die Unterstützung durch professionelle Hilfe sind ebenfalls wichtig, um die Herausforderungen der Aphasie zu bewältigen. Die Unterstützung von Angehörigen und Fachkräften kann eine entscheidende Rolle für das Wohlbefinden und die Lebensqualität von Menschen mit Aphasie spielen.