Milieugestaltung bei Demenz

24.04.2025

10 Minuten Lesedauer

Milieugestaltung bei Demenz

Das Älterwerden bringt viele Veränderungen mit sich, die sowohl für den älterwerdenden Menschen als auch für die Angehörigen herausfordernd sein können. Besonders bei Menschen mit Demenz spielt die Gestaltung des unmittelbaren Umfelds – die sogenannte Milieugestaltung – eine entscheidende Rolle für Wohlbefinden, Sicherheit und Orientierung.

Was ist Milieugestaltung?

Milieugestaltung bezeichnet die bewusste Anpassung und Gestaltung der Umgebung, um den individuellen Bedürfnissen von Menschen (z.B. mit Demenz) gerecht zu werden. Im Kontext der Altenhilfe zielt sie darauf ab, Räume so zu gestalten, dass sie Sicherheit bieten, Orientierung erleichtern und das allgemeine Wohlbefinden fördern. Dies umfasst Aspekte wie Raumaufteilung, Farbgebung, Beleuchtung, Dekoration und Möblierung.
Neben der physischen Umgebung spielt die soziale Umgebung eine zentrale Rolle. Soziale Milieugestaltung bezieht sich auf die bewusste Gestaltung der sozialen Interaktionen und Beziehungen im Umfeld von Menschen mit Demenz. Eine unterstützende soziale Umgebung kann das emotionale Wohlbefinden stärken, Isolation vorbeugen und die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben fördern.

Warum ist Milieugestaltung im Alter wichtig?

Mit zunehmendem Alter können Sinneswahrnehmungen nachlassen, die Mobilität eingeschränkt sein und kognitive Fähigkeiten abnehmen. Eine durchdachte Milieugestaltung kann helfen, diesen Herausforderungen zu begegnen, indem sie:​

  • Orientierung unterstützt: Klare Strukturen, eindeutige Kennzeichnungen und vertraute Gegenstände erleichtern das Zurechtfinden in der Umgebung.​
  • Sicherheit erhöht: Vermeidung von Stolperfallen, klare Wegeführungen und gut erreichbare Alltagsgegenstände reduzieren das Sturzrisiko.​
  • Wohlbefinden steigert: Eine angenehme Atmosphäre mit ausreichend Licht, harmonischen Farben und persönlichen, biografieorientierten Elementen fördert das emotionale Gleichgewicht.​
  • Soziale Kontakte fördert: Gerade bei älteren Menschen ist soziale Teilhabe ein wichtiger Schutzfaktor gegen Einsamkeit und Depression. Die Förderung zwischenmenschlicher Beziehungen beispielsweise durch gemeinsame Aktivitäten und die Schaffung von Begegnungsmöglichkeiten hilft dabei soziale Isolation zu vermeiden.
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Besondere Bedeutung der Milieugestaltung bei Demenz

Bei einer Demenzerkrankung nehmen die kognitiven Fähigkeiten und die Orientierungsfähigkeit schrittweise ab. Menschen mit Demenz können vertraute Umgebungen nicht mehr erkennen oder Alltagsgegenstände falsch interpretieren. Hier kann eine angepasste Milieugestaltung entscheidend dazu beitragen, Ängste zu reduzieren und die Selbstständigkeit so lange wie möglich zu erhalten.
Beispielsweise können dunkle Teppiche von Menschen mit Demenz als Löcher wahrgenommen werden, was zu Unsicherheiten führt. Helle, kontrastarme Bodenbeläge hingegen vermitteln Sicherheit und erleichtern die Orientierung. Auch die Platzierung von vertrauten Gegenständen und Fotos kann helfen, Erinnerungen zu aktivieren und ein Gefühl von Vertrautheit zu schaffen.

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Praktische Beispiele für Milieugestaltung zu Hause und in Pflegeeinrichtungen:

  1. Klare Strukturen und Orientierungshilfen: Beschriftete Türen mit eindeutigen Symbolen oder Bildern können die Orientierung erleichtern. Beispielsweise kann ein Bild einer Toilette an der Badezimmertür helfen, den Raum zu identifizieren. ​Gut lesbare Uhren und Kalender helfen bei der zeitlichen Orientierung.
  2. Farben gezielt einsetzen: Es sollten helle, freundliche Farben für Wände und Möbel genutzt werden. Dunkle Farben können bedrohlich wirken oder Fehlinterpretationen hervorrufen. Kontraste, wie farbige Handläufe, erleichtern die Wahrnehmung und Nutzung. ​
  3. Beleuchtung optimieren: Ausreichend Tageslicht und gute Beleuchtung fördern die Orientierung und reduzieren Angstgefühle. Dabei sollten Schattenbereiche vermieden werden. Nachtlichter können den Weg zur Toilette in der Dunkelheit sicherer machen.
  4. Jahreszeitliche Dekorationen: Die Anpassung der Raumgestaltung an die Jahreszeiten durch entsprechende Dekorationen unterstützt den zeitlichen Bezug innerhalb des Jahresverlaufs. ​
  5. Einbindung persönlicher Gegenstände: In Pflegeeinrichtungen kann die Integration von persönlichen Möbeln oder Erinnerungsstücken das Gefühl von Vertrautheit und Sicherheit stärken.
  6. Förderung von Gemeinschaftsaktivitäten: Regelmäßige Gruppenaktivitäten wie gemeinsames Kochen, Musizieren oder Basteln können das Gemeinschaftsgefühl stärken und soziale Interaktionen fördern.
  7. Einbindung in Alltagsaufgaben: Das Einbeziehen von Menschen mit Demenz in alltägliche Aufgaben, angepasst an ihre Fähigkeiten, kann das Selbstwertgefühl stärken und das Gefühl der Zugehörigkeit fördern.
  8. Schaffung von Begegnungsräumen: Insbesondere in Pflegeeinrichtungen kann die Gestaltung von gemütlichen Sitzecken, die zum Verweilen und zur Interaktion einladen, spontane Begegnungen und Gespräche fördern.
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Unterstützungsangebote nutzen

Pflegebedürftigkeit betrifft nicht nur die Betroffenen selbst, sondern auch ihr soziales Umfeld. Umso wichtiger ist es, geeignete Unterstützungsangebote zu kennen – sowohl zur Förderung sozialer Teilhabe als auch zur Entlastung pflegender Angehöriger.

Unterstützung durch Nachbarschaftshilfe

Initiativen wie Nachbarschaftsnetzwerke oder Besuchsdienste können soziale Kontakte aufrechterhalten und Isolation vorbeugen. Bei der Suche nach passenden Angeboten kann der Pflegestützpunkt vor Ort unterstützen.

Angehörigenarbeit und Schulungen

Angehörige sollten in die Pflege und Betreuung sowie das Alltagsleben in Pflegeeinrichtungen eingebunden werden. Kostenlose Pflegekurse (nach §45 SGB XI) unterstützen pflegende Angehörige bei allen Fragen und Herausforderungen rund um die Unterstützung der pflegebedürftigen Person.

Demenz: Hilfe für Angehörige

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Fazit

Eine durchdachte und ganzheitliche Milieugestaltung, die sowohl die physische als auch die soziale Umgebung berücksichtigt, trägt maßgeblich dazu bei, die Lebensqualität von Menschen mit Demenz zu verbessern. Sie fördert nicht nur die Sicherheit und Orientierung, sondern auch das emotionale Wohlbefinden und die soziale Teilhabe. Angehörige und Pflege-/Betreuungskräfte können durch gezielte Anpassungen im Wohnumfeld und der sozialen Umgebung einen positiven Einfluss auf den Alltag der Menschen mit Demenz nehmen und ihnen ein Stück Selbstständigkeit und Lebensfreude erhalten.

FAQs

1. Was bedeutet Milieugestaltung bei Demenz?

Milieugestaltung bezeichnet die bewusste Anpassung der Umgebung – sowohl physisch als auch sozial –, um Menschen mit Demenz Sicherheit, Orientierung und Wohlbefinden zu bieten.

2. Warum ist Milieugestaltung für Menschen mit Demenz wichtig?

Durch kognitive Einschränkungen fällt es Menschen mit Demenz schwer, sich zurechtzufinden. Eine angepasste Umgebung reduziert Ängste, stärkt die Selbstständigkeit und fördert das emotionale Gleichgewicht.

3. Was gehört alles zur Milieugestaltung in der Altenpflege?

Dazu zählen z. B. Raumaufteilung, Beleuchtung, Farben, Möbelanordnung, vertraute Gegenstände, soziale Aktivitäten und zwischenmenschliche Interaktionen.

4. Wie kann ich die Wohnung für eine demenzerkrankte Person sicher gestalten?

Durch Entfernen von Stolperfallen, klare Wegeführung, rutschfeste Bodenbeläge und gut erreichbare Alltagsgegenstände.

5. Wie kann ich die Orientierung in der Wohnung erleichtern?

Beschriftete Türen mit Symbolen oder Bildern, große Uhren und Kalender, vertraute Gegenstände an sichtbaren Orten.

6. Welche Alltagsgegenstände helfen bei der Erinnerung und Orientierung?

Fotos, persönliche Erinnerungsstücke, gewohnte Möbel, biografieorientierte Dekorationen (z. B. Instrumente).

7. Wo finde ich Hilfe bei der Gestaltung des Wohnumfelds für Demenzkranke?

Pflegestützpunkte beraten kostenlos, auch zu finanziellen Hilfen und regionalen Angeboten.

Pflegekurse nach §45 SGB XI vermitteln Wissen und praktische Tipps für den Umgang mit Demenz und zur Wohnraumgestaltung.

Quellen:

Bundesministerium für Gesundheit: Online-Ratgeber Demenz

Deutsches Netzwerk für Qualitätsentwicklung in der Pflege: Expertenstandard „Beziehungsgestaltung in der Pflege von Menschen mit Demenz“

Nationale Demenzstrategie: nationale-demenzstrategie.de

Wegweiser Demenz: wegweiser-demenz.de

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