Entlastungsbetrag, Pflegeunterstützungsgeld, Kombinationsleistung: Die Leistungen der Pflegeversicherung sind breit aufgestellt, aber auch gar nicht so leicht zu überblicken. Wir erklären Schritt für Schritt, mit welchen Beträgen Sie rechnen können, wenn Sie die Pflege eines oder einer Angehörigen organisieren.
Wie kommt man an die Leistungen der Pflegeversicherung?
Als ersten Schritt sollten Sie einen Antrag für einen Pflegegrad stellen. Ist das geschafft, wird die Krankenkasse von sich aus aktiv und schickt Ihnen ein Formular für den Antrag auf Pflegeleistungen zu.
Für viele Angehörige ist der Antrag auf Pflegeleistungen der erste Berührungspunkt mit der bürokratischen Seite der Pflege und die vielen Fachbegriffe können zu Unsicherheiten beim Ausfüllen führen. Das ist völlig normal. Gut zu wissen: Sie haben einen Anspruch auf Beratung: Die Pflegekasse ist verpflichtet, entsprechende Ansprechpartner zu nennen. Auch unabhängig von der Empfehlung der Kasse können Sie sich jederzeit an eine Pflegeberatungsstelle wenden.
Welche Pflegeleistungen gibt es?
Die Pflegeversicherung richtet ihre Unterstützung danach, wo und von wem eine Person gepflegt wird, sowie nach dem Umfang der benötigten Hilfe.
Leistungen der Pflegeversicherung bei vollstationärer Pflege
Lebt eine Person dauerhaft im Heim, greifen die Leistungen der Pflegeversicherung für die vollstationäre Pflege. Immer bedenken: Es werden ausschließlich Kosten gedeckt, die für den Pflegeaufwand entstehen. Kosten, die für Unterkunft und Verpflegung anfallen, müssen selbst getragen werden. Die Leistungen sind – wie die meisten Leistungen der Pflegeversicherung – nach Pflegegrad gestaffelt, siehe Tabelle 1.
Leistungen für vollstationäre Pflege, Tab. 1
Pflegegrad | 1 | 2 | 3 | 4 | 5 | |
Vollstationäre Pflege | Pflegeaufwendungen von pauschal EUR pro Monat | 125,00 | 770,00 | 1262,00 | 1775,00 | 2005,00 |
Leistungszuschlag Pflege
Personen mit Pflegegrad 2 bis 5 in vollstationärer Pflege steht seit 2022 ein Zuschuss zum Eigenanteil zu. Je länger Pflegebedürftige in einer stationären Einrichtung leben, desto höher ist der Zuschuss.
Seit dem 1. Januar 2024 gilt Folgendes:
- 15 Prozent des Eigenanteils an den Pflegekosten, wenn sie bis zu 12 Monate,
- 30 Prozent des Eigenanteils an den Pflegekosten, wenn sie mehr als 12 Monate,
- 50 Prozent des Eigenanteils an den Pflegekosten, wenn sie mehr als 24 Monate und
- 75 Prozent des Eigenanteils an den Pflegekosten, wenn sie mehr als 36 Monate
in einem Pflegeheim leben.
Leistungen der Pflegeversicherung bei teilstationärer (Tages- und Nacht-)Pflege
In manchen Fällen kann der Einzug ins Heim vermieden oder aufgeschoben werden, wenn eine teilstationäre Pflege in Anspruch genommen wird. Je nach Bedarf erfolgt die Betreuung dann nur tagsüber oder nur nachts. Pflegebedürftige der Pflegegrade 2 bis 5 können teilstationäre Tages- und Nachtpflege zusätzlich zu ambulanten Pflegesachleistungen, Pflegegeld oder der Kombinationsleistung in Anspruch nehmen, ohne dass eine Anrechnung auf diese Ansprüche erfolgt. Pflegebedürftige mit Pflegegrad 1 haben leider keinen Anspruch auf die Leistungen für Tages- und Nachtpflege – sie können aber den Entlastungsbetrag von 125 Euro dafür einsetzen.
Leistungen für teilstationäre Tages- und Nachtpflege, Tab.2
Pflegegrad | 1 | 2 | 3 | 4 | 5 | |
Teilstationäre Tages- und Nachtpflege | Pflegeaufwendungen von pauschal EUR pro Monat | – | 689,00 | 1298,00 | 1612,00 | 1995,00 |
Leistungen der Pflegeversicherung bei häuslicher Pflege
Pflegegeld
Wer sich entscheidet, ein Familienmitglied zuhause zu pflegen, hat Anspruch auf Pflegegeld. Das Pflegegeld wird direkt an Sie als pflegende:n Angehörige:n ausgezahlt, die Verwendung ist nicht an bestimmte Leistungen gebunden und kann frei gewählt werden. Auch das Pflegegeld wird gestaffelt nach Pflegegrad ausgezahlt, siehe Tabelle 3.
Pflegesachleistungen
Der Begriff „Sachleistung“ kann verwirrend sein. Es geht bei den Pflegesachleistungen nicht um Pflegematerialien oder andere Anschaffungen, die bezuschusst werden, sondern um unterstützende Pflegedienstleistungen für grundlegende Bedürfnisse, sprich um ambulante Pflegedienste. Das Ziel ist es, die Fähigkeiten der pflegebedürftigen Person zu fördern und ihre Selbstständigkeit zu erhalten. Auch die Pflegesachleistungen werden nach Pflegegrad gestaffelt ausgezahlt.
Wichtig zu wissen: Damit Pflegedienste ihre Leistungen mit der Pflegeversicherung abrechnen können, muss ein „Versorgungsvertrag“ bestehen. Viele Angehörige entscheiden sich aufgrund der niedrigeren Kosten für eine ausländische (z. B. polnische) Pflegeagentur. Ausländische Pflegekräfte sind in der Regel über einen Dienstleister im Heimatland angestellt. Bislang hat keiner dieser Anbieter einen Versorgungsvertrag mit den Pflegekassen – die Nutzung der Pflegesachleistung ist für diesen Fall daher leider nicht möglich.
Kombinationsleistung
Häufig bietet es sich an, die Pflege zuhause mit den Leistungen eines ambulanten Pflegedienstes (Pflegesachleistungen) zu verbinden. Dann kann die sogenannte Kombinationsleistung beantragt werden. Die Berechnung des Leistungsbetrages ist etwas kompliziert und hängt von der Höhe des in Anspruch genommenen Pflegesachleistungsbetrages ab. Die Seite „Pflege durch Angehörige“ bietet einen benutzerfreundlichen Rechner für die Kombinationsleistung:
Übersicht, Tab. 3
Pflegegrad | 1 | 2 | 3 | 4 | 5 | |
Pflegegeld | EUR mtl. | – | 332,00 | 573,00 | 765,00 | 947,00 |
Pflegesachleistungen | EUR mtl. | – | 761,00 | 1432,00 | 1778,00 | 2200,00 |
Kombinationsleistung | Pflegegeld und Pflegesachleistungen können individuell miteinander kombiniert werden |
Maßnahmen zur Verbesserung des Wohnumfelds
Um die Pflege zuhause zu ermöglichen, sind manchmal bestimmte Anschaffungen, Umbaumaßnahmen, oder andere Anpassungen notwendig. Das kann der behindertengerechte Umbau eines Badezimmers, der Einbau eines Treppenlifts oder einer Gegensprechanlage sein. Welchen Pflegegrad Sie oder Ihr Angehöriger haben, spielt dabei keine Rolle, der Zuschuss ist für alle gleich hoch, siehe Tabelle 4.
Maßnahmen zur Verbesserung des Wohnumfelds, Tab. 4
Pflegegrad | 1 | 2 | 3 | 4 | 5 | |
Maßnahmen zur Verbesserung des Wohnumfelds | Aufwendungen in Höhe bis zu | 4.000,00 EUR je Maßnahme. Bis zu insgesamt 16.000,00 EUR wenn mehrere Anspruchsberechtigte zusammenwohnen. |
Verhinderungs- und Kurzzeitpflege
Beide Leistungen sind dazu gedacht, pflegende Angehörige vorübergehend zu entlasten, etwa während eines Urlaubs, während einer Krankheit oder auch wenn sich der Zustand der zu pflegenden Person plötzlich enorm verschlechtert und es kurzfristig notwendig wird, dass Fachkräfte die Pflege übernehmen. Im Gegensatz zur Verhinderungspflege, die auch stundenweise und durch ambulante Dienste in Anspruch genommen werden kann, ist die Kurzzeitpflege nur in stationären Einrichtungen möglich. Beide Leistungen können anteilmäßig miteinander kombiniert werden, siehe Tabelle 5.
Übersicht Kurzzeit- und Verhinderungspflege, Tab.5
Pflegegrad | 1 | 2 | 3 | 4 | 5 | |
Kurzzeitpflege | Pflegeaufwendungen von bis zu 8 Wochen im Kalenderjahr von bis zu EUR jährlich | – | 1774,00 | 1774,00 | 1774,00 | 1774,00 |
Der Leistungsbetrag kann um bis zu 1612,00 EUR aus noch nicht in Anspruch genommenen Mitteln der Verhinderungspflege auf insgesamt bis zu 3386,00 EUR im Kalenderjahr erhöht werden.
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Verhinderungspflege durch nahe Angehörige oder Haushaltsmitglieder | Pflegeaufwendungen von bis zu 6 Wochen im Kalenderjahr von bis zu EUR jährlich | – | 498,00 | 859,50 | 1147,50 | 1420,50 |
durch sonstige Personen | – | 1612,00 | 1612,00 | 1612,00 | 1612,00 | |
Der Leistungsbetrag von 1612,00 EUR kann um bis zu 806,00 EUR aus noch nicht in Anspruch genommenen Mitteln der Kurzzeitpflege auf insgesamt bis zu 2418,00 EUR im Kalenderjahr erhöht werden. |
Sozialversicherungsbeiträge für pflegende Personen
Die Pflegeversicherung zahlt für Personen, die eine:n Pflegebedürftige:n privat pflegen, Beiträge an die Sozialversicherungen. Wer eine oder mehrere pflegebedürftige Personen mit Pflegegrad 2 bis 5 für mindestens zehn Stunden pro Woche, auf mindestens zwei Tage in der Woche verteilt, pflegt, gilt nach den Regeln der Pflegeversicherung als Pflegeperson. Die Zahlungen zu Rentenversicherung, Arbeitslosenversicherung und Kranken- und Pflegeversicherung sind nach Pflegegrad gestaffelt und unterscheiden sich leicht von Ost- nach Westdeutschland, siehe Tabelle 6.
Übersicht zu Sozialversicherungen, Tab. 6
Pflegegrad | 1 | 2 | 3 | 4 | 5 | |
Zahlungen von Rentenversicherungs-beiträgen | Bis zu EUR mtl. | – | 177,53 | 282,73 | 460,26 | 657,51 |
(Ostdeutschland) | – | (174,01) | (277,13) | (451,14) | (644,49)
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Zahlungen von Beiträgen
Zur Arbeitslosen-versicherung |
EUR mtl. | – | 45,96 | 45,96 | 45,96 | 45,96 |
(Ostdeutschland) | – | (45,05) | (45,05) | (45,05) | (45,05)
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Zuschüsse zur Kranken-
und Pflegeversicherung |
Bis zu EUR mtl.
Krankenversicherung |
192,07 | 192,07 | 192,07 | 192,07 | 192,07 |
Pflegeversicherung | 40,06 | 40,06 | 40,06 | 40,06 | 40,06 |
Pflegeunterstützungsgeld
In vielen Fällen tritt eine Pflegebedürftigkeit nicht schleichend ein, sondern ganz überraschend. Egal, ob die Pflege stationär oder zuhause stattfinden soll: Arbeitende Angehörige müssen häufig vorübergehend viel Zeit investieren, um eine angemessene Pflege für die pflegebedürftige Person zu organisieren. In solchen Fällen greift das Pflegeunterstützungsgeld. Beschäftigte können nach dem Pflegezeitgesetz bis zu 10 Tage der Arbeit fernbleiben und erhalten über die Pflegekasse 90 Prozent ihres Bruttogehalts als Lohnersatzleistung.
Zusätzliche Leistungen in ambulanten Wohngruppen
Wer eine:n pflegebedürftige:n Angehörige:n in einer ambulanten Wohngruppe unterbringt, etwa in einer Demenz-WG, hat neben den Pflegesachleistungen außerdem Anspruch auf einen Wohngruppenzuschuss in Höhe von 214,00 EUR. Der Betrag wird ab Pflegegrad 1 monatlich ausgezahlt und ist für alle Pflegegrade gleich.
Leistungen, die unabhängig von der Unterbringungsart sind
Einige Leistungen der Pflegeversicherung sind unabhängig von der Pflege- und Unterbringungsart und können theoretisch für alle Personen mit entsprechendem Pflegebedarf beantragt werden. Dazu gehören:
- Pflegehilfsmittel, die für den Verbrauch bestimmt sind (40,00 EUR mtl., unabhängig vom Pflegegrad)
- Technische Pflegehilfsmittel und sonstige Pflegehilfsmittel (100% der Kosten. Unter bestimmten Voraussetzungen ist jedoch eine Zuzahlung von 10%, höchstens 25 EUR je Hilfsmittel, zu leisten)
- Entlastungsbetrag: der Betrag ist zweckgebunden einzusetzen für qualitätsgesicherte Leistungen zur Entlastung (125,00 EUR mtl., unabhängig vom Pflegegrad)
- Digitale Pflegeanwendungen (DiPa) und ergänzende Unterstützungsleistungen: Apps oder browserbasierte Webanwendungen, die Pflegebedürftige und pflegende Angehörige im Pflegealltag unterstützen können (50,00 EUR mtl.)
Wie ein Antrag auf Pflegeleistungen aussehen kann, können Sie sich auf der Seite der Verbraucherzentrale anschauen. Hier werden die einzelnen Begriffe auch in leichter Sprache erklärt.
Geeignete Pflegeberatungsstellen in Ihrer Nähe finden Sie über die Datenbank des Zentrums für Qualität in der Pflege.
Leistungen der Pflegeversicherung – ein Überblick
Die möglichen Leistungen der Pflegeversicherung sind vielfältig. Wie viel am Ende ausgezahlt wird, hängt vor allem von der Pflegebedürftigkeit und der Art der Unterbringung ab. Unterstützung gibt es nicht nur für die Pflege selbst, sondern auch für pflegende Angehörige. Wichtig ist, dass Sie den Antrag auf Leistungen sorgfältig und möglichst zeitnah ausfüllen. Dazu können Sie auch Hilfe bei einer Beratungsstelle in Anspruch nehmen.
Häufig gestellte Fragen zu den Leistungen der Pflegeversicherung
Die Pflegeleistungen der gesetzlichen und privaten Pflegeversicherungen umfassen: Entlastungsbetrag, Pflegegeld, Pflegesachleistungen, Kombinationsleistung, stationäre Pflegeleistungen, Verhinderungs-, Kurzzeit-, Tages- und Nachtpflege, Umbaumaßnahmen für Barrierefreiheit, Pflegehilfsmittel, Digitale Pflegeanwendungen, Pflegeberatung und Pflegekurse, Pflegeunterstützungsgeld, Sozialversicherungsbeiträge der Pflegepersonen, Wohngruppenzuschuss und Anschubfinanzierung für ambulante betreute Wohngruppen.
Wer absehbar mehr als sechs Monate im Alltag auf Hilfe angewiesen ist, hat Anspruch auf Leistungen der Pflegeversicherung. Festgestellt wird das über eine Pflegebegutachtung, nachdem die versicherte Person einen Antrag bei der Pflegekasse auf einen Pflegegrad stellt.
Gesetzlich Versicherte sind automatisch in der sozialen Pflegeversicherung versichert, privat Versicherte müssen eine extra Pflegeversicherung abschließen. Durch die herrschende Versicherungspflicht haben also alle gesetzlich und privat Versicherten in Deutschland generell Anspruch auf Leistungen aus der Pflegeversicherung. Um konkret etwas ausgezahlt zu bekommen, muss Pflegebedürftigkeit und ein Pflegegrad vorliegen. Je nach Pflegegrad gibt es unterschiedliche Leistungen.
Um Leistungen der Pflegeversicherung in Anspruch nehmen zu können, muss ein Antrag bei der Pflegekasse gestellt werden. Das geht über einen kurzen formlosen Brief oder auch telefonisch. Die Pflegekasse befindet sich bei der Krankenkasse.
Bei vorübergehender Pflegebedürftigkeit unter sechs Monaten, beispielsweise für eine Reha-Maßnahme, ist die Pflegekasse nicht zuständig. Die Kosten dafür übernimmt die Krankenkasse, ebenso für Medikamente und Therapiemaßnahmen. Kosten für Unterkunft und Verpflegung in stationären Einrichtungen muss die pflegebedürftige Person bei stationärer Pflege außerdem selbst tragen. Auch Medikamentenzuzahlungen sowie Kosten für Therapien, Medikamente und Pflegehilfsmittel, die nicht von der Krankenkasse bezahlt werden. Im Falle einer häuslichen Pflege werden nur ambulante Pflegedienste mit einem „Versorgungsvertrag“ durch die Pflegekassen abgedeckt. Ausländische Pflegedienste fallen in der Regel nicht darunter und müssen selbst finanziert werden.