Wer Pflege benötigt, muss häufig mit hohen Kosten rechnen. Die Pflegeversicherung unterstützt Pflegebedürftige finanziell, doch einen Teil der Kosten müssen sie selbst bezahlen. Doch was, wenn die finanziellen Mittel eines pflegebedürftigen Elternteils nicht ausreichen, um etwa die Pflegeheimkosten zu bezahlen? In diesem Fall kann es sein, dass die erwachsenen Kinder für ihre Eltern finanziell einstehen – und den sogenannten Elternunterhalt zahlen müssen. Doch wann und in welchem Umfang sind Kinder verpflichtet, ihre Eltern zu unterstützen?
Was ist Elternunterhalt?
Unter Elternunterhalt versteht man die rechtliche Verpflichtung erwachsener Kinder, finanzielle Unterstützung für ihre bedürftigen Eltern zu leisten – sofern diese nicht selbst für ihren Lebensunterhalt und ihre Versorgung aufkommen können. Der häufigste Grund ist, dass Eltern ihre Pflegeheimkosten nicht selbst bezahlen können. In diesem Fall übernimmt das Sozialamt zunächst die Kosten, auch „Hilfe zur Pflege“ genannt und fordert die Zahlungen dann von unterhaltspflichtigen Kindern zurück.
Wer ist unterhaltspflichtig für die Eltern?
Zum Elternunterhalt verpflichtet sind grundsätzlich die erwachsenen Kinder der bedürftigen Eltern. Eine entscheidende Rolle spielt jedoch das Einkommen der Kinder. Wenn Sie mehr als 100.000 Euro (brutto) pro Jahr verdienen, sind Sie unterhaltspflichtig für Ihre Eltern – und die Sozialhilfeträger können die Pflegekosten der Eltern von Ihnen zurückverlangen. Liegen Sie unterhalb dieser Einkommensgrenze, sind Sie nicht verpflichtet, zu zahlen. Vorhandenes Vermögen wie etwa Immobilien sowie das Einkommen Ihres Partners oder Ihrer Partnerin werden nicht mitgerechnet.
Wer ist vom Elternunterhalt ausgenommen?
Keinen Unterhalt zahlen müssen Kinder, die noch minderjährig sind. Ausgenommen vom Elternunterhalt sind auch die Ehepartner:innen der erwachsenen Kinder sowie Enkelkinder und weitere Verwandte. Das Angehörigen-Entlastungsgesetz regelt zudem eine Einkommensgrenze für unterhaltspflichtige Kinder (und auch für Eltern von pflegebedürftigen Kindern). Die Kinder sind nicht zum Elternunterhalt verpflichtet, sofern ihr Jahresbruttoeinkommen unterhalb eine Einkommensschwelle von 100.000 Euro liegt. Ausgenommen vom Elternunterhalt ist ein Kind auch, falls Eltern sich mit erheblichen Verfehlungen gegen das Kind schuldig gemacht haben (etwa durch Misshandlung, grobe Vernachlässigung, psychische und körperliche Gewalt).
Wer muss Elternunterhalt zahlen, wenn es mehrere Kinder gibt?
Hat das pflegebedürftige Elternteil mehrere erwachsene Kinder, wird der Betrag nicht einfach durch die Anzahl der Kinder geteilt, sondern nach deren finanziellen Möglichkeiten. Die Kinder haften anteilig nach ihren Einkommens- und Vermögensverhältnissen. Das Sozialamt wird die Haftungsanteile berechnen, nachdem alle Geschwister ihr unterhaltsrelevantes Einkommen und Vermögen offengelegt haben. Kinder, deren Einkünfte unterhalb der 100.000-Euro-Grenze liegen, müssen keinen Elternunterhalt zahlen.
Wie wird der Elternunterhalt berechnet?
Sofern die Vermutung besteht, dass ein Kind mehr als 100.000 Euro brutto jährlich verdient, wird das Sozialamt um Auskünfte über das Einkommen bitten, um die Höhe des Elternunterhalts zu berechnen. Folgendermaßen wird der Elternunterhalt berechnet:
- Ermitteln des durchschnittlichen Einkommens: Zuerst wird das monatliche Bruttoeinkommen ermittelt. Dies umfasst neben Gehalt auch die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, Zinsen, Dividenden und andere Einnahmequellen. Bei Selbstständigen ist das durchschnittliche Einkommen der vergangenen drei bis fünf Jahre entscheidend.
- Von diesem Bruttoeinkommen werden verschiedene Abzüge vorgenommen, wie Steuern und Sozialversicherungsbeiträge. Besondere Kosten wie berufsbedingte Aufwendungen, Kosten der Krankheitsvorsorge und krankheitsbedingte Aufwendungen, private Altersvorsorgekosten (bis fünf Prozent des Bruttoeinkommens) werden vom Einkommen abgezogen.
- Vom Einkommen abgezogen wird der Selbstbehalt, den das unterhaltspflichtige Kind monatlich behalten darf, um seine eigenen Lebenshaltungskosten zu decken. Dieser Selbstbehalt orientiert sich an der Düsseldorfer Tabelle. Bei Alleinstehenden gilt ein Selbstbehalt von 2.000 Euro, bei verheirateten Kindern von 3.600 Euro.
- Sonstige Unterhaltsverpflichtungen gegenüber einem Ehepartner oder einer Ehepartnerin sowie Kindern werden zudem vom Einkommen abgezogen. Diese Verpflichtungen haben Vorrang vor dem Elternunterhalt.
- Berechnen des Elternunterhalts: Die Höhe des Unterhalts wird individuell berechnet. Von dem bereinigten und verminderten Nettoeinkommen muss die Hälfte als Unterhalt für die Eltern gezahlt werden.
Wie hoch ist das Schonvermögen?
Sind Sie unterhaltspflichtig, gewähren die Gerichte dennoch ein großzügiges Schonvermögen, das bei der Berechnung der Unterhaltspflicht ausgenommen ist. Es soll unterhaltspflichtige Kinder vor finanzieller Überforderung schützen. Die Höhe des Schonvermögens ist nicht gesetzlich festgelegt, sondern wird immer individuell bestimmt. Als Schonvermögen gelten in der Regel eine selbstbewohnte Immobilie oder die eigene Altersvorsorge in gewissen Grenzen (bei Angestellten fünf Prozent des monatlichen Bruttoeinkommens, bei Selbstständigen bis zu 25 Prozent des Einkommens). Auch Rücklagen für Sanierungsarbeiten an der eigenen Immobilie, für die Anschaffung eines Autos sowie ein Barvermögen von 5.000 Euro gelten als anrechnungsfrei.
Fazit
Wenn Eltern bedürftig werden, können auch die erwachsenen Kinder zur Finanzierung der Pflege herangezogen werden. Das Sozialamt wird dazu individuell die Höhe des Elternunterhalts berechnen. Sind mehrere Kinder vorhanden, wird der Elternunterhalt nach den finanziellen Möglichkeiten verteilt. Kinder, die unter einer jährlichen Einkommensschwelle von 100.000 Euro brutto liegen, bleiben außen vor. Ihre Anteile müssen nicht von den anderen Geschwistern übernommen werden, sondern das Sozialamt kommt dafür auf. Da der Elternunterhalt immer individuell berechnet wird, ist es sinnvoll, sich rechtlich beraten zu lassen, etwa bei einer Verbraucherzentrale.
Häufig gestellte Fragen zum Elternunterhalt
Kann ein Elternteil nicht selbst für seine Pflegekosten aufkommen, übernimmt der Staat die Kosten. Dieser kann jedoch verlangen, dass sich die erwachsenen Kinder der pflegebedürftigen Person an den Kosten beteiligen. Eine Unterhaltspflicht gilt jedoch erst ab einem jährlichen Bruttoeinkommen von 100.000 Euro.
Liegt das jährliche Bruttoeinkommen über 100.000 Euro haben erwachsene Kinder eine Unterhaltspflicht gegenüber ihren bedürftigen Eltern. Zum Einkommen zählt das Gehalt sowie Einnahmen aus selbstständiger Tätigkeit, Mieteinnahmen oder andere Kapitalerträge.
Nein, nur Verwandte ersten Grades sind zum Elternunterhalt verpflichtet. Das Einkommen des Partners oder der Partnerin werden nicht mitgerechnet. Das heißt: Als Schwiegersohn oder Schwiegertochter sind Sie nicht zum Unterhalt verpflichtet.
Die Höhe des Schonvermögens wird individuell bestimmt. Üblicherweise gehört zum Schonvermögen ein angemessenes Wohneigentum, ein selbstgenutzter Pkw, die eigene Altersvorsorge und ein gewisser Notgroschen.
Wenn trotz Elternunterhalt die Kosten für die Pflege des Elternteils nicht genügen, so übernimmt das Sozialamt in Form der „Hilfe zur Pflege“.