Alzheimer und wir: Eine Reise hin ins Heim und weg von Vorurteilen

26.05.2021

7 Minuten Lesedauer

Alzheimer und wir: Eine Reise hin ins Heim und weg von Vorurteilen

In Peggy Elfmanns Blog „Alzheimer und wir“ schreibt die Journalistin über die Alzheimer-Erkrankung ihrer Mutter. Sie berichtet von den Herausforderungen und Problemen, aber auch von den lehrreichen Erfahrungen und schönen Momenten.

Peggy gibt uns im Folgenden ein paar ehrliche Einblicke in das Leben mit der Krankheit.

Pflegeheim. Dieses Wort raste sofort durch meinen Kopf, als ich erfuhr, dass meine Mama die Diagnose Alzheimer erhalten hatte. Sie war 55 Jahre jung und für mich ging die Welt unter. Vor meinem inneren Auge sah ich sie einsam und verlassen in einem Pflegeheim sitzen. Ich bekam Angst, ja, richtige Panik – und schob die Gedanken weit weg. Aber mit mäßigem Erfolg. Denn natürlich tauchten sie immer wieder auf. Ich habe sie immer weggedrückt – bis jetzt. Dieser Artikel ist kein gewöhnlicher. Er erzählt von Begegnungen mit Menschen, die sich mit dem Thema Pflegeheim auskennen und ebenso von einer Reise zu meinen Ängsten und Vorurteilen.

Peggy Elfmann, Journalistin des Blogs „Alzheimer und wir“

Wie geht es weiter?

Das war die Frage, die wir uns in der Familie nach Mamas Diagnose stellten. Umziehen war kein Thema. Umziehen in ein Heim war kein Thema. Es war wie bei einem Schreckgespenst: „Nicht hinsehen, dann wird es uns verschonen“, war mein Motto. „Ich schaffe das schon“, predigte mein Papa, der meine Mama anfangs nur begleitete und mittlerweile pflegt. Meine Eltern haben ein Netzwerk aus Tagespflege, Familie, Nachbarn und ambulantem Pflegedienst. Meine Eltern möchten in ihrem Zuhause leben, aber wird dies bis zum Ende möglich sein? Oder ist irgendwann ein Umzug in ein Heim unumgänglich?

Ich taste mich an das Thema heran

Und merke, wie schwer es mir fällt. Damit bin ich nicht alleine. Laut einer Umfrage haben acht von zehn Menschen Angst davor, im Alter in ein Pflegeheim zu ziehen (oder ziehen zu müssen). Weshalb fürchten wir uns davor? Antworten finde ich bei der Psychologin Dr. Bettina Ugolini, die an der Universität Zürich die Beratungsstelle Leben im Alter leitet. „Der Eintritt in ein Heim wird vor allem als Verlust erlebt“, sagt sie. Weitere Gründe seien: Angst vor der Trennung, Vorurteile, Schuld- und Versagensgefühle. Der Rat der Psychologin lautet: „Setzen Sie sich frühzeitig damit auseinander und sprechen Sie konkret darüber, was sich der Betroffene wünscht und unter welchen Bedingungen ein Einzug in ein Heim vorstellbar ist.“ Ich dachte lange, dass ich mich nicht damit beschäftigen müsste und wir noch viel Zeit hätten. Und nun ist es irgendwie zu spät, zumindest für den Austausch mit meiner Mama, denn sie spricht kaum noch.

Aber ich kann mich vorbereiten

Und auch mit meinem Papa möchte ich mir diese Chance nicht vergeben. Wenn ich mich vorbereiten möchte, führt kein Weg daran vorbei, mich endlich zu informieren und meinen Ängsten zu stellen. Mitten im Corona-Lockdown begebe ich mich auf die Suche – und finde das Haus Schulze-Kathrinhof in Saarwellingen. „Die meisten Menschen können sich nicht vorstellen, wie es im Pflegeheim ist. Viele haben falsche Vorurteile“, erzählt Sabine Engel-Rheinemann. Sie ist seit sechs Jahren Pflegedienstleitung in dem Haus und freut sich über mein Interesse. „Wenn sich Angehörige nicht mit dem Thema Heim befassen und dann ein Einzug notwendig wird, fällt das oft besonders schwer“, weiß sie.

Einfach mitmachen

Klappt das immer, wenn ein Mensch mit Demenz in ein Heim zieht? Das möchte ich von Monika Müller wissen. Sie ist Fachkraft für Gerontopsychiatrie. „Die meisten ziehen hier ein, wenn die Krankheit im fortgeschrittenen Stadium ist. Der Umzug ist eine große Aufgabe“, berichtet die Fachfrau. „Was hilft dann?“, möchte ich wissen. „Zeit“, lautet ihre Antwort. „Wir geben den Bewohnern viel Zeit, sich einzugewöhnen, und gehen auf jeden individuell ein. Wir nehmen uns auch viel Zeit für die Angehörigen und fangen sie und ihre Ängste auf. Wir sind Partner. Nur, wenn wir uns austauschen und zusammenarbeiten, können wir gut für unsere Bewohner da sein.“

Eine gute Lösung finden, für den Menschen mit Demenz und seine Angehörigen, darum geht es ja letztlich auch mit der Demenz, denke ich. Aber: Das kann man nur, wenn man die Möglichkeiten kennt. Mir fällt das nicht leicht und ja, es macht mich traurig, aber doch merke ich, wie wichtig und gut diese Begegnungen waren. Danke!

Weitere Einblicke und Gedanken von Peggy Elfmann und ihrer Mutter findet ihr auf ihrem Blog Alzheimer und wir. Der gesamte Artikel erscheint Ende Juni in unserem neuen Magazin.

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Zuletzt Aktualisiert am: 10.06.2024

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